Regierung nähert sich im Asylstreit an

(c) Clemens Fabry
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Die SPÖ will ein Abtauchen von Asylwerbern verhindern. Amnesty erklärte, man könne sich vorstellen, dass Asylwerber zu Beginn des Verfahrens kurzfristig für einige Tage "kaserniert" würden.

WIEN (pö). Von einer Regierungskrise sei sowieso nie die Rede gewesen, betonten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) selten einig am Dienstag nach dem Ministerrat. Nachdem ÖVP-Innenministerin Maria Fekter zuletzt ohne Absprache mit dem Koalitionspartner mit dem Vorschlag vorgeprescht sei, in Eberau ein drittes Erstaufnahmezentrum für Asylwerber zu schaffen, sei man jetzt wieder auf einem Kurs, freute sich Faymann. Bis Ende des Monats will die ÖVP der SPÖ Vorschläge präsentieren, wie die Zentren in Traiskirchen und Thalham mit insgesamt 850 Asylwerbern entlastet werden können. Und diese werde sich die SPÖ „genau anschauen“, so der Kanzler.

Pröll sprach wie Faymann von der Möglichkeit, dass „eine bis neun Alternativen“ zu Eberau entstünden. Das heißt, neben den Lagern im niederösterreichischen Traiskirchen und im oberösterreichischen Thalham könnte im Extremfall sogar in jedem (weiteren) Bundesland ein Zentrum entstehen. Etwas entschärft ist auch der Regierungsstreit darüber, ob Asylwerber künftig im Erstaufnahmezentrum interniert werden sollen. Das hatte zuletzt Ministerin Fekter für die Dauer eines Monats gefordert. Faymann lehnte ein „Einsperren“ am Dienstag zwar erneut ab, wenn dies Menschen träfe, die tatsächlich Schutz bräuchten – wie im Vorjahr 300 Christen aus dem Irak, die religiös verfolgt worden waren. Gegen Missbrauch, insbesondere das Abtauchen von Asylwerbern in die Illegalität und das Schlepperwesen, müsse aber jedenfalls etwas getan werden. Zwischen beidem müsse eine Trennlinie gezogen werden, und es brauche entsprechende Lösungen.

Amnesty International erklärte, man könne sich vorstellen, dass Asylwerber zu Beginn des Verfahrens für maximal drei- bis viertägige erste Abklärungen in Erstaufnahmezentren „kaserniert“ würden. Danach sollten sie in kleinen Zentren in jedem Bundesland weiterbetreut werden, so die Diakonie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2010)

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