Hypo: Die Abenteuer von Tilo Berlin, dem Stifter

Bayern-LB-Chef Werner Schmidt, LH Joerg Haider und Tilo Berlin im Mai 2007 im trauten Gespräch.
Bayern-LB-Chef Werner Schmidt, LH Joerg Haider und Tilo Berlin im Mai 2007 im trauten Gespräch.(c) AP (Gert Eggenberger)
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Zwei Steueroasen und eine österreichische Stiftung: Ein perfektes Vehikel, um unbeobachtet Geld zu verdienen. Den Sinn solcher Konstruktionen sollten sich die Behörden einmal genauer ansehen.

Schön langsam kommt Fahrt in die (deutschen) Ermittlungen um die Hypo Alpe Adria. Und was da zutage kommt, lässt Fragen aufkommen. Nicht nur zu den unmittelbaren Vorgängen rund um den Verkauf der Kärntner Hypo. Sondern auch zur Rolle von Steuerparadiesen und österreichischen Privatstiftungen bei der Verschleierung von Transaktionen und bei der „Steuervermeidung“.


Sehen wir uns dazu die Vorgänge einmal genauer an: 2006 also beginnt sich abzuzeichnen, dass das Land Kärnten mit Vollgas in die Pleite schlittert und dringend Geld braucht. Der damalige Landeschef, Jörg Haider, spricht also einen in der Hochfinanz und der Industrie bestens vernetzten Neo-Kärntner Namens Tilo Berlin an, der ihm eine Zwischenlösung für den Verkauf der Landesbank auf die Beine stellen soll. Denn ein Verkauf kann sich ziehen, ein Börsengang ist für die marode Bank zu dem Zeitpunkt nicht mehr realistisch – und das klamme Land braucht „instant money“.

Berlin geht also ans Werk: Zuerst wird eine „B & Co Privatstiftung“ gegründet. Stifter: Tilo Berlin, Malte Berlin, Filippa Berlin und die merkwürdige Berlin & Co Capital GmbH in Salzburg, deren letzte Bilanz 2008 bei Gesamtaktiva von 1,29 Mio. Euro Verbindlichkeiten von 1,43 Mio. Euro ausweist. Diese Verbindlichkeiten bestehen zu 99,9 Prozent aus einer (nachrangig gestellten) Forderung der Berlin-Ehefrau Filippa. Das aber nur nebenbei.

Dass Mitstifter Malte Berlin (neben dem Steuerberater Johannes Edelsbacher und dem Exbanker Markus Orsini-Rosenberg) gleichzeitig im Stiftungsvorstand sitzt, führt zwar den Stiftungsgedanken ad absurdum, ist aber sicher nicht unpraktisch.
Danach geht es an die Gründung eines Beteiligungsvehikels in der Steueroase Luxemburg, der Berlin & Co Capital S.A.R.L. Luxemburg ist verschwiegen, für eine Zweigniederlassung in der Schweiz müssen dem Handelsregister des Kantons Zug aber die Beteiligungen offengelegt werden: Die Gesellschafter sind (beziehungsweise waren) demnach Kingsbridge Capital Partizipation Limited, in St. Helier im Steueroparadies Jersey sozusagen Nachbar der drei ehemaligen Meinl-Aktionärspflanzorganisationen.

Die Cheyne Special Situations Fund L.P. in Grand Cayman, eine Tochter der britischen Hedgefondsgesellschaft Cheyne. Und eben die B & Co Privatstiftung der Berlins, die unterdessen in Mons Carantanus Privatstiftung umbenannt wurde.
Zwei Steueroasen und eine österreichische Privatstiftung – Herz, was willst du mehr. Was hier an Gewinnen anfällt – davon sieht kein Finanzminister viel. Und nachvollziehbar ist es auch ziemlich schwer. Diesem Konstrukt gehörte mehrere Monate lang die Sperrminorität an der Hypo Alpe Adria. Und in diesem Konstrukt dürfte auch ein Großteil des Gewinns aus der jetzt so ins Gerede gekommenen Transaktion mit der BayernLB verschwunden sein.

Wie berichtet, hatte die luxemburgische Berlin-Firma die Hypo-Anteile um 645 Mio. Euro übernommen und nach wenigen Monaten um rund 800 Mio. Euro an die Bayern weiterverkauft.

Die viel gescholtene Investorengruppe – Adelige und Industrielle aus dem Berlin-Freundeskreis, darunter IV-Präsident Veit-Sorger, Kika/Leiner-Chef Koch, Ex-Mayr-Melnhof-Chef Michael Gröller und andere – war an der Hypo nicht direkt beteiligt. Für ihr Geld bekamen sie nur „Genussrechte“.
Und die 50 „Genießer“ haben auch nicht das ganz große Geld gemacht: Sie waren mit Beträgen beteiligt, die Normalverdienern zwar enorm erscheinen mögen, in dieser Liga aber eher Taschengeldcharakter haben: Von ein paar hunderttausend bis ein paar Millionen Euro.

Der überwiegende Teil der Hypo-Millionen ist also nicht von diesen Investoren gekommen, sondern aus anderen Quellen. Wenn die bisher bekannt gewordenen Zeitabläufe stimmen und mit den Bayern (unter Beteiligung Berlins) grundsätzlich schon um die Jahreswende 2006/2007 über eine mögliche Übernahme der Hypo-Anteile gesprochen wurde, dann wäre also ein ziemlich großer Teil des Gewinns auf Basis von Insiderinformationen geflossen.

Natürlich gilt hier der Konjunktiv samt Unschuldsvermutung. Man kann ohnehin darauf vertrauen, dass die deutschen Behörden zumindest in diesem Punkt die Wahrheit herausfinden. Dazu sitzt der Ärger darüber, von „Ösis“ möglicherweise elegant über den Tisch gezogen worden zu sein, zu tief.

Uns führt das aber zu tiefer gehenden Fragen. Zum Beispiel: Wieso schauen sich die österreichischen Behörden Geschäfte, in denen Steueroasen involviert sind, nicht genauer an. Solche Geschäfte macht man ja ausschließlich aus zwei Gründen: weil man Steuern vermeiden will und/oder weil man Geschäfte verschleiern will.


Es gibt keinen anderen Grund dafür, die Kosten für „Firmen“-Gründungen rund um die Welt in Kauf zu nehmen für Geschäfte, die man auch in Klagenfurt oder Rothneusiedl abwickeln kann. Solche Geschäfte sind in vielen, vielleicht sogar in den meisten Fällen ganz legal. Aber ein bisschen „Schuldvermutung“ würde den heimischen Behörden da nicht schlecht anstehen.

 Zweitens: Wieso sieht man sich die Unternehmen von Firmen-Vielgründern nicht genauer an und fragt, was in all den existierenden Hüllen geschieht und wofür sie existieren. Im Berlin-Reich gibt es zum Beispiel eine EMEA Handelsgesellschaft mbH. (die der EMEA-Stiftung von Malte Berlin gehört) mit einer Bilanzsumme von 63 Cent (nach 20 Euro im vergangenen Jahr), einem negativen Eigenkapital von 7700 Euro – und einer „positiven Fortbestehungsprognose“, weshalb das Ganze kein Fall für den Insolvenzrichter ist. Wie kann es solche Pflanzereien geben?

Und ansehen wird man sich wohl auch das Instrument der Privatstiftung müssen. Wenn Stifter gleichzeitig im Vorstand sitzen können, dann ist das Wesen der Stiftung, die „Weggabe“ des Vermögens, nicht erfüllt. Und wenn Stiftungen zum Verschleiern benutzt werden, dann ist das Instrument als Ganzes zu hinterfragen.


Der Stiftungszweck der Berlinschen Mons Carantanus Privatstiftung lautet laut Stiftungsurkunde jedenfalls „die Unterstützung und Versorgung der Begünstigten namentlich durch Geldleistungen“. Dafür scheint ein beträchtlicher Steuervorteil nicht wirklich gerechtfertigt zu sein.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2010)

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