Im Mai 1981 versuchte Agca den Papst auf dem Petersplatz in Rom mit drei Schüssen zu ermorden. Johannes Paul II. überlebte schwer verletzt und mit viel Glück. Der Papstattentäter verbrachte 29 Jahre in Haft.
Istanbul. Mit Trommelwirbel und schrillen Pfiffen hießen einige unverwüstliche Fans am Montagfrüh vor einem Gefängnis in Ankara den freigelassenen Papstattentäter Mehmet Ali Agca willkommen. Agcas erste Sorge nach 29-jähriger Haft freilich galt seinem noch nicht abgeleisteten Wehrdienst.
Schon vor vier Jahren war Agca aufgrund eines „Rechenfehlers“ der Justizbehörde versehentlich entlassen worden. Damals war ein Gutachten erstellt worden, das ihn aus psychologischen Gründen als untauglich für den Wehrdienst erklärte. Das Gutachten ist umstritten. Doch die darin attestierte „schwere asoziale Persönlichkeitsstörung“ hat einiges für sich.
So hat Agca während seiner Haftzeit wiederholt versucht, durch „Enthüllungen“ über die Hintergründe seiner Verbrechen von sich reden zu machen; dazu kamen wirre Glaubensbekenntnisse. In dieser Hinsicht hat Agca auch nach seiner Entlassung nicht enttäuscht. Sein Anwalt verteilte eine Erklärung Agcas in englischer Sprache, die aus fünf Paragrafen besteht. In Paragraf 2 versichert Agca: „Ich bin nicht Gott, ich bin nicht Gottes Sohn.“ Nach diesem Anflug ungewöhnlicher Bescheidenheit, enthüllt Agca in Paragraf5: „Die Bibel ist voll von Fehlern, ich werde eine vollkommene Bibel schreiben. Der ewige Messias Mehmet Ali Agca.“
Nach Angaben seines Bruders und seines Anwaltes hat Ali Agca mehrere Angebote bekommen, ein Buch zu schreiben. Es soll auch aus Hollywood und aus Japan Anfragen wegen der Mitwirkung an Dokumentarfilmen geben.
Flucht nach Bulgarien
Der im mittelanatolischen Malatya geborene Ali Agca schloss sich früh den rechtsradikalen „grauen Wölfen“ an. Er beteiligte sich an bewaffneten Überfällen und erschoss 1979 den Chefredakteur der Massenzeitung „Milliyet“, Abdi Ipekci. Agca wurde gefasst, in ein Militärgefängnis gebracht, konnte aber nach Bulgarien flüchten.
Dort soll er nach Erkenntnissen einer Untersuchungskommission des italienischen Parlamentes für das Attentat auf den polnischen Papst Johannes PaulII. von östlichen Geheimdiensten angeworben worden sein. Im Mai 1981 versuchte Agca den Papst auf dem Petersplatz in Rom mit drei Schüssen zu ermorden. Johannes Paul II. überlebte schwer verletzt und mit viel Glück das Attentat.
Der Papst verzieh Agca und besuchte ihn in Haft, was Agca aber nicht daran hinderte, ihn später als „Ungeheuer“ zu bezeichnen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19. Jänner 2010)