167.000 Menschen müssten sich laut dem Regierungsplan auf neue Regeln einstellen. Österreicher fürchten Verschlechterung.
Wien. Die türkis-blaue Regierung will die Notstandshilfe abschaffen bzw. in das befristete Arbeitslosengeld integrieren und Langzeitarbeitslose künftig in die Mindestsicherung bringen. Davon betroffen wären laut zuletzt verfügbaren Zahlen rund 167.000 Menschen in Österreich. Der Großteil davon sind Männer (101.500), wie aus Daten der Statistik Austria und des AMS für das Jahr 2016 hervorgeht.
Das Vorhaben der Regierung würde bedeuten, dass aus einer zumindest indirekten Versicherungsleistung eine Transferleistung gemacht wird. Es steht im Verdacht eines neuen Hartz IV nach deutschem Vorbild. Hartz IV ist das Ergebnis einer Reform des Arbeitslosengeldes, der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe in Deutschland im Jahr 2005 durch eine Kommission unter Vorsitz von Peter Hartz. Das neue Gesetz war das „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen auf dem Arbeitsmarkt“ und erhielt in der Umgangssprache den Namen des Leiters der Kommission mit dem Zusatz der Zahl vier. Das Hartz-IV-Gesetz fasste Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe im neuen Arbeitslosengeld II zusammen.
Kritik am Regierungsplan kam von SPÖ und Liste Pilz. Laut einer Umfrage des Magazins „Profil“ fürchten 57 Prozent der Österreicher Verschlechterungen für ältere Arbeitnehmer und Arbeitslose durch die Koalition (500Befragte, Schwankungsbreite +/–4,4 Prozentpunkte). Besonders kritisch stehen den Maßnahmen Wähler der SPÖ und der FPÖ gegenüber. Die Mehrheit der ÖVP-Wähler erwartet keine Verschlechterungen.
Heinz Fischer kritisiert Koalition
Ebenfalls im „Profil“ übt der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer scharfe Kritik an der neuen Bundesregierung. Die Installierung von Generalsekretären mit Weisungsrecht in den Ministerien bringe ein „Misstrauen gegenüber der Beamtenschaft zum Ausdruck und will hoch qualifizierte Mitarbeiter an die kurze Leine nehmen“, sagte Fischer. Diese Entwicklung sei „besorgniserregend“. Er verstehe auch die Sorge über den Zugriff, den die FPÖ nun in den Ministerien auf Daten habe: „Die FPÖ ist in der Vergangenheit mit dem Datenschutz nicht immer besonders sensibel umgegangen.“ (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2018)