Nach zwei Jahren Pause geht die ORF-Serie „Vorstadtweiber“ in Runde drei. Frauen sind hier nicht Opfer, für Reichtum und Ruhm tun sie jedoch immer noch sehr viel.
Spoilerwarnung: Wir verraten Teile des Inhalts der ersten Folge der dritten Staffel.
Im Filmgeschäft sind 19 Monate eine lange Zeit. Längst werden populäre Serien im Jahresrhythmus oder kürzer fortgesetzt, damit das Interesse nicht abreißt. Mal sehen, wie das Publikum nach der langen, fast zweijährigen Pause der „Vorstadtweiber“ auf deren Rückkehr in den Montaghauptabend reagieren wird. Der Rahmen der Serie ist stabil geblieben, verändert hat sich aber der Blick auf das Verhältnis von Mann und Frau. Die Welt diskutiert seit der #metoo-Bewegung über Alltagssexismus, sexuelle Übergriffe und die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Doch mit Nina Proll hat sich ausgerechnet eine der „Vorstadtweiber“-Darstellerinnen als prominenteste #metoo-Kritikerin entpuppt.
Aber dafür kann die Serie nichts. Im Gegenteil. Starke Frauen waren die „Vorstadtweiber“ von Anfang an. Keine Hascherln, die vor Männern einknicken. Frauen, die wissen, was sie wollen. Auch körperlich. „Sex and the City“ hat es vor 20 Jahren vorgemacht, der ORF hat es dezent kopiert. Die Damen aus der Vorstadt, gespielt von Maria Köstlinger, Hilde Dalik, Gerti Drassl, Martina Ebm, Nina Proll und - neu dabei - auch Doris Golpashin, wollen um jeden Preis weiterkommen. Nur geht es dabei so gut wie nie um beruflichen Erfolg oder Durchbruch, sondern um finanzielle Absicherung und gesellschaftlichen Status durch den richtigen Partner. Schade, eigentlich.
Wiedersehen am Krankenbett
Den Protagonistinnen begegnen wir zu Beginn der neuen, dritten Staffel insgesamt deutlich ernüchtert am Krankenbett von Waltraud (Maria Köstlinger) wieder. Sie erinnern sich: Waltraud, in der vergangenen Staffel erstmals Mutter geworden und in allerletzter Minute angeschossen. Die Hochzeit mit dem schmierigen Kanzlerkandidat Joachim Schnitzler (Philipp Hochmair) war schon vor dem Schusswechsel geplatzt. Nun also kommt Waltraud im Krankenhaus langsam wieder zu Kräften, aber nicht zu Sinnen. Es plagen sie Albträume und Erinnerungslücken und so richtig gelernt hat sie aus den vergangenen Staffeln auch nichts. Ihr Fokus bei der Suche nach dem Glück bleibt der Gleiche: Männer! Zu den Freundinnen sagt sie: „Wir brauchen neue Männer. Frische, unverbrauchte, ehrliche, reiche, potente, fesche Männer.“ Unmöglich für Nicoletta (Nina Proll): „Das, was Du meinst, das gibt es nicht, hat es nie gegeben und wird es nie geben. Und vier davon sowieso nicht.“
Dafür sind die Männer wieder schwach, schwächer, am schwächsten. Dass das Land nun einen neuen, sehr jungen Kanzler hat, gefällt den gescheiterten Anwärtern auf dieses Amt gar nicht. Joachim Schnitzler (Hochmair) und Hadi Melzer (Bernhard Schir) lecken gemeinsam ihre Wunden und ertränken ihre Wut in Alkohol. Caro Melzer (Martina Ebm) lebt zwar noch unter einem Dach mit Ehemann Hadi, sucht aber in der Dating-App schon den geeigneten Kandidaten für den Absprung. „Rechts wischen, wenn er schön ist. Links, wenn er schiach ist“, erklärt sie die App ihrer Freundin Maria (Gerti Drassl). Auch die lebt immer noch unter einem Dach mit Ehemann Georg (Juergen Maurer) und verweigert dem eigentlichen Vater ihres Babys, dem Callboy Timo, den Zugang zu seinem Kind.
Grissemann ist Werner, der Autohändler
Es tut sich also einiges, dennoch kommt die Geschichte in den ersten beiden Folgen der neuen Staffel, bei der wieder Ulli Brée das Drehbuch geschrieben hat und Sabine Derflinger und Harald Sicheritz Regie geführt haben, noch nicht richtig in Gang. Dafür werden einige neue Figuren eingeführt. Hilde Dalik war zwar schon in Staffel zwei dabei, bekommt jetzt aber mehr Platz: Sie spielt die frisch geschiedene Vanessa, die aus Geldsorgen als Putzfrau beim Gebrauchtwagenhändler Werner Vogel - gespielt von Christoph Grissemann - anheuert. Den Schein der wohlhabenden Villenbesitzerin will sie aber wahren, bei ihr daheim lässt sie immer noch putzen – und zwar von Zorica, dargestellt von Doris Golpaschin.
Zurück zur Rolle der Frauen in dieser Serie: Sie nehmen sich auch diesmal wieder, was sie wollen. Keine von ihnen würde #metoo schreien. Und tun sie es doch, wie Mama Pudschedl (Susi Stach), die Mutter des braven Kommissars, der noch dazu unschuldig im Gefängnis sitzt, dann ist es eine Lüge.
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"Die Presse" nimmt ab kommender Woche jede Episode - nach angloamerikanischem Vorbild der Recaps - ausführlich unter die Lupe, analysiert Charaktere, Dialoge und Handlungsstränge. Die Episodenrückschau wird aktuell zur jeweiligen Sendung online gehen.
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