Kürzung der Familienbeihilfe: Pflegenotstand befürchtet

Klaus Katzianka.
Klaus Katzianka.(c) Stanislav Jenis (Stanislav Jenis)
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Betreuung. Der Aktivist Klaus Katzianka warnt vor den Folgen der Regierungspläne für Pflegebedürftige.

Wien. Die geplante Kürzung der Beihilfe für Kinder, die in anderen EU-Ländern leben, könnte nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Familien haben. Die Maßnahme der Regierung könnte auch Folgen in Österreich haben. Genauer gesagt für Pflegebedürftige in Österreich.

Davor warnt zumindest der Steirer Klaus Katzianka, Betreiber einer Betreuungsagentur für Pflegebedürftige und selbst Rollstuhlfahrer: „Ich fürchte einen Pflegenotstand, wenn zum Beispiel Pflegekräfte aus der Slowakei weniger Geld erhalten“, sagt er. Damit wäre Österreich als Arbeitgeberland weniger attraktiv und die selbstständige Personenbetreuung in Gefahr.

Zur Erklärung: EU-Bürger, die in Österreich arbeiten, haben Anspruch auf Familienbeihilfe – auch wenn ihre Kinder in einem anderen EU-Land wohnen. Arbeitet nur der Elternteil in Österreich, erhält der Nachwuchs den vollen Betrag. Ist auch der Elternteil im Ausland beruflich tätig, wird meist das dortige Familiengeld ausbezahlt. Österreich stockt die Leistungen auf das hiesige Niveau auf.

Arbeitet eine Pflegekraft in Österreich, ist daher auch die Familienbeihilfe ein wichtiger finanzieller Betrag – der eben auch mitkalkuliert wird. Die Regierung will nun die Beihilfe allerdings an die dortigen Lebenserhaltungskosten anpassen bzw kürzen.

Pflegegeld erhöhen

„Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin eigentlich nicht dafür, dass die Pflege mit der Familienbeihilfe querfinanziert wird“, sagt Katzianka. Man könnte durchaus über die Anpassung dieser Leistungen diskutieren. „Allerdings muss dann die Regierung eine Alternative für die Pflege anbieten.“ Er plädiert unter anderem dafür, das Pflegegeld um 30 Prozent zu erhöhen. „Seit der Einführung ist es zu einem 30-prozentigen Werteverlust gekommen – und das Pflegegeld wurde nie valorisiert.“ Zusätzlich sollte der Betrag auch jährlich an die Inflation angepasst werden.

Katzianka ist außerdem ein Verfechter der Pflege zu Hause. Das sei auch für den Staat billiger. Er rechnet grob vor: Ein Monat daheim koste im Ernstfall rund 2000 Euro, in stationärer Behandlung allerdings gleich 3500 Euro. Allgemein sei „für Pflegebedürftige nichts wichtiger, als eigenständig zu entscheiden, was mit ihnen passieren soll“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2018)

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