Sechs Maßnahmen sollen den Euro „sicher“ machen

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Symbolbild. (c) imago/Dean Pictures (Francis Joseph Dean)
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Zwei Jahre nach dem Aufflammen der Probleme in Griechenland ist es ruhig geworden um die Eurokrise. Die Währungsunion brauche jedoch weiter Reformen, so eine Gruppe deutscher und französischer Ökonomen.

Wien. Es ist nur etwas länger als zwei Jahre her, dass das griechische Schuldendrama Europa in Atem hielt. Erst im Sommer 2015 wurde das akute Problem in letzter Sekunde gelöst. Kurz danach löste jedoch schon die Flüchtlingskrise die Eurokrise ab. Und heute, zwei Jahre später, überdeckt die angesprungene Konjunktur, dass die grundlegenden Probleme des Euro nach wie vor nicht behoben sind.

Daher veröffentlichten am Mittwoch 14 hochrangige Ökonomen aus Deutschland und Frankreich ein Manifest, in dem sie auf die nach wie vor im Hintergrund schwelenden Brandherde verwiesen und in dem auch gleich ein sechs Punkte umfassender Reformplan enthalten ist. Mit diesem Papier versuchen sie auch den Streit der Denkschulen zu überwinden. So befinden sich unter den Verfassern sowohl Wirtschaftsforscher, die für eine Austeritätspolitik plädieren wie Ifo-Chef Clemens Fuest, als auch Ökonomen keynesianischer Prägung wie DIW-Chef Marcel Fratzscher oder der Franzose Jean Pisany-Ferri – ein Berater des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Zu viel „Selbstzufriedenheit“

Die jüngste Erholung in den Krisenländern hätte zu „Selbstzufriedenheit“ geführt, so die Ökonomen. Den derzeitigen Status Quo beizubehalten oder nur marginal zu verändern, „wäre jedoch ein schwerwiegender Fehler, weil die Währungsunion nach wie vor unter erheblichen Schwächen leidet.“ So gebe es nach wie vor intransparente und fehleranfällige Fiskalregeln, einen gefährlichen „Risikoverbund“ zwischen Staaten und ihren Banken sowie fehlende Regeln für den Umgang mit Euro-Staaten, die in die Zahlungsunfähigkeit rutschen.

Die Wirtschaftsforscher erstellten daher einen konkreten Reformplan. Die sechs Vorschläge im Überblick:
• Der „Teufelskreis“ zwischen Staaten und ihren Banken sollte durchbrochen werden, in dem Banken auch Staatsanleihen ab einem gewissen Ausmaß mit Eigenkapital unterlegen müssen. Derzeit haben etwa italienische Banken 370 Mrd. an italienischen Staatsanleihen in ihren Büchern – ein enormes Klumpenrisiko. Damit der Rückzug der Banken nicht zu Refinanzierungsproblemen führt, soll es künftig „synthetische Papiere für den Euroraum geben“ (siehe Punkt fünf).
• Die Maastricht-Regeln seien in schlechten Zeiten zu unflexibel und in guten Zeiten zu locker, so die Ökonomen. Zudem sei das System auch sehr kompliziert. Sie plädieren dafür, es durch die Regel zu ersetzen, dass die Staatsausgaben nicht schneller wachsen dürfen als das nominelle BIP eines Landes. Geschieht das doch, muss das Land die Differenz mit nachrangigen Anleihen finanzieren. Auf diesen würde ein „sofortiger Druck des Kapitalmarkt liegen“, der glaubwürdiger als die bisherige Androhung von Strafen sei.
• Eine Insolvenzregelung für zahlungsunfähige Staaten sollte eingeführt werden. Das müsse jetzt geschehen, wo die Sorgen an den Märkten zerschlagen sind.
• Ein Notfallfonds sollte eingeführt werden, der von allen Ländern konstant gespeist wird. Jene, die den Fonds öfter brauchen, müssten auch relativ mehr einzahlen.
• Durch die Unterlegung neuer synthetischer Wertpapiere mit Staatsanleihen sollten „sichere“ Euroanleihen für Anleger eingeführt werden, ohne dass es zu einer Schuldenunion kommt.
• Die Fiskalpolitik der Länder soll künftig von unabhängiger Stelle kontrolliert werden. Die Ökonomen schlagen einen eigenen Kommissar innerhalb der EU-Kommission vor. Das wäre der bereits oft diskutierte EU-Finanzminister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2018)

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