Die Außenministerin besucht heute ihren Amtskollegen.
Wien. Vor Beginn der Syrien-Gespräche in Wien empfingen Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl gestern den UN-Sonderbotschafter Staffan de Mistura, um die aktuelle Lage zu erörtern. Im Zuge der Offensive der Türkei gegen die Kurdenmiliz YPG im nordwestsyrischen Afrin hat der Bürgerkrieg zusätzliche Brisanz bekommen. Recep Tayyip Erdoğan, der türkische Präsident, erging sich in Drohungen gegen die kurdischen Truppen. In einem Telefonat wollte US-Präsident Donald Trump den Nato-Verbündeten in Ankara nach einem neuerlichen Tiefpunkt im US-türkischen Verhältnis kalmieren.
Bei der heutigen Visite Kneissls bei ihrem Amtskollegen Mevlut Çavusoğlu in Istanbul gibt es also reichlich Gesprächsstoff über die neu aufgeflammte Krise an der türkisch-syrischen Grenze. Der Besuch sollte indessen im Zeichen der Beruhigung und Verbesserung der bilateralen Beziehungen stehen. Dies ist jedenfalls die deklarierte Absicht der beiden Chefdiplomaten.
Ouvertüre am Telefon
Nach den harschen Tönen in der Kontroverse um geplante Auftritte türkischer Politiker in Österreich im Vorfeld des Verfassungsreferendums in der Türkei im Vorjahr und der Forderung der Wiener Regierung nach einem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen, die zur Rückberufung des türkischen Botschafters führte, wollen Kneissl und Çavusoğlu ein neues Kapitel aufschlagen. Zuletzt hatte Europaminister Ömer Çelik Österreich in einem „Profil“-Interview noch als islam- und fremdenfeindlich abgestempelt.
Die Ouvertüre via Telefonat ließ sich zumindest verheißungsvoll an. „Ich bin bereit, die Beziehungen zu normalisieren, wenn Sie auch dazu bereit sind“, sagte Çavusoğlu. Kneissl präsentierte sich als Freundin der Türkei, und als sie erzählte, dass sie in ihrer Kindheit Ferien auf den Prinzeninseln im Marmarameer verbracht habe, lud Çavusoğlu sie kurzerhand dorthin ein. Kneissl sprach prompt eine Gegeneinladung aus. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2018)