„Schandfleck Europas“ wurde Moria auf Lesbos schon genannt. Die Hauptlast für Flüchtlinge bleibt in Griechenland noch immer auf den Inseln.
Das Lager liegt im Hügelland über der Inselhauptstadt Mytilini, umgeben von uralten Olivenhainen, ein paar hundert Meter entfernt vom Dorf Moria auf der Insel Lesbos. Hinter dem Drahtzaun ist eine große Zahl von Wohncontainern auszumachen, dicht and dicht in den Hügel gebaut, teilweise zweistöckig. Sie wirken aus der Ferne, als hätte man sie übereinandergestapelt. Flüchtlinge spazieren in Gruppen auf der Asphaltstraße draußen vor dem Lagerzaun, die Wintersonne ist warm an diesem Tag Ende Jänner. Hunderte Meter weit ziehen sich am Straßenrand die geparkten Pkw der Helfer hin, am Lagertor herrscht reges Treiben. Nur ein leichter, aber deutlich wahrnehmbarer Latrinengeruch und ein mit Müll befülltes Bachbett erinnern an den schwierigen Alltag des völlig überfüllten Massenquartiers.
Das also ist das berüchtigte Registrierungszentrum Moria, das größte Flüchtlingsauffanglager der Ägäis. Als „Schandfleck Europas“, „Seelenspeicher“ und „Kloake“, wurde es bezeichnet; ein verwunschener Ort – wie die gleichnamigen mythischen Minen von Moria in Tolkiens „Herr der Ringe“. Vor der Flüchtlingswelle 2015 und 2016, als etwa eine Million Menschen Griechenland Richtung Europa passierte, stand hier eine Kaserne, deren Infrastruktur auf 800 Personen ausgelegt war. Dann baute man das Registrierungszentrum, in seiner letzten Ausbauphase für 3000 Menschen geeignet; tatsächlich leben die meiste Zeit über doppelt so viele innerhalb und außerhalb der Lagermauern.