Am 24. Mai erfolgt der Bürgermeisterwechsel. Ludwig zu seinem künftigen Regierungsteam: „Es wird Überraschungen und es wird Enttäuschungen geben.“
Wien. Es ist nicht leicht, aus dem Schatten eines Mannes zu treten, der ein Vierteljahrhundert Wiens SPÖ und als Bürgermeister das politische Geschehen der Stadt gelenkt (zuletzt vor allem eher launig kommentiert) hat. Für niemanden. Erst recht nicht für Michael Ludwig, der sich in einer tief zerstrittenen Partei erst bei einer Abstimmung gegen Klubchef Andreas Schieder durchsetzen musste.
Seit Donnerstag steht wenigstens der künftige Fahrplan für weitere personelle und inhaltliche Neuerungen fest. Da sitzen sie im Roten Salon des Rathauses nebeneinander, Häupl und Ludwig, vor sich dicht gedrängt Journalisten, um zu verkünden: Am 24. Mai ist es so weit. Da übergibt der Bürgermeister sein Amt. Genauer: Er legt dieses zurück, und der Gemeinderat wählt den Nachfolger. Am selben Tag werden die restlichen Mitglieder der Stadtregierung gekürt.
Ob er dabei Probleme erwarte? Die Antwort Häupls fällt wenig weitschweifend aus: „Nein.“ Mehrere Fragen richten sich an ihn, Ludwig lächelt zurückhaltend. Ob er das Raucher-Volksbegehren unterschreiben wird, will jemand wissen. Ja, er werde es genauso unterzeichnen wie das Frauenvolksbegehren, so Häupl und sorgt für Lacher: „Ich darf das. Ich bin einfaches Parteimitglied.“
Doch zurück zur Wiener SPÖ. Da glaubt deren neuer Parteichef Ludwig, so sagt er jedenfalls, nach vielen Gesprächen eine große Bereitschaft zu erkennen, dass alle an einem Strang ziehen. Die nächste Personalentscheidung, die erste der Ära Ludwig, soll am Montag erfolgen. Da will er in den berühmten „Gremien“ einen Vorschlag, wie er es bescheiden formuliert, für die Nachfolge von Landesparteisekretärin Sybille Straubinger unterbreiten. Ihre Amtszeit galt mit dem Moment der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses auf dem Parteitag als abgelaufen. Am 15., 16. März folgt eine Strategieklausur zur SPÖ-Zukunft, am 14. Mai will Ludwig in den „Gremien“ das neue Team der Stadtregierung vorstellen. Es soll, wir hören es nicht zum ersten Mal, aus Neuen und Routinierten, aus Vertretern möglichst vieler Gruppen zusammengesetzt sein, ja und, natürlich: Ihm sei ganz wichtig, dass Frauen in allen – schon wieder – „Gremien“ entsprechend vertreten sind.
Kampfansage an die Grünen
Die Grünen werden sich, so viel wird in dem sonst so betont harmonischen Pressegespräch, dann doch klar, warm anziehen müssen. Denn der künftige Bürgermeister grenzt sich von der grünen Verkehrspolitik Maria Vassilakous deutlich ab. Er halte die Nord-Ost-Umfahrung, den Lobau-Tunnel, die Stadtstraße im 22. Bezirk und die dritte Piste des Flughafens Schwechat für unerlässlich – immerhin samt und sonders Projekte, die von den Grünen abgelehnt und hintertrieben werden.
Später dann, nach der Pressekonferenz, Häupl geht nach einem Glas Wein, steht Ludwig noch lang im Gespräch mit Journalisten unter dem Gemälde des christlich-sozialen Kurzzeit-Bürgermeisters Josef Strobach (1896/97). Auch da bleibt er, politischer Profi, der er ist, diszipliniert, sehr wenig mehr ist ihm zu entlocken, als er nicht schon schon früher von sich gegeben hat. Einen Wechsel der Ressortzuständigkeiten zwischen SPÖ und Grünen schließt er zwar aus, was aber definitiv nicht für das SPÖ-Team gilt.
Doch ohne Rendi-Wagner?
Aus Formulierungen und Andeutungen könnte zu schließen sein, dass man nicht zu hoch auf den Wechsel von Ex-Ministerin Pamela Rendi-Wagners aus dem Parlament in das Rathaus wetten sollte. Diese sei ja Gesundheitssprecherin des SPÖ-Klubs, meint er vielsagend. Immerhin: Ein gewisser Christian Kern hat die Beamtin als Ministerin geholt. Jener Kern, der Andreas Schieder gern im Rathaus gesehen hätte. Nicht die besten Voraussetzungen für Rendi-Wagner, in Ludwigs Team anzudocken. Ludwig: „Es wird Überraschungen, und es wird Enttäuschungen geben.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2018)