Wieso gibt es in Wien keinen Städtebau mehr? Und wer hat bei der Planung eigentlich das Sagen? Gustav Peichl interviewt den Wohnbaustadtrat und SPÖ-Bürgermeister, Michael Ludwig.
Gustav Peichl: Herr Bürgermeister, darf ich Sie so nennen, Sie sind es ja bald – wenn ich über die Zukunft von Wien nachdenke, fällt mir sofort eine Frage ein: Warum gibt es keinen Städtebau mehr in Wien? Die MA 21 ist bekanntlich für Widmungen zuständig. Sie sollte aktiv Städtebau betreiben. Sie sollte die Bedürfnisse der Menschen und die Anforderungen an das Stadtbild prüfen und auf dieser Basis festlegen, wie Plätze und Grundstücke bebaut werden dürfen. Stattdessen macht sie Freundschaftswidmungen für Menschen, die viel Geld haben, Gründe zusammenkaufen und dann der Stadt vorgeben, was sie dort wie bauen möchten.
Michael Ludwig: Sie sagen ja richtigerweise: Zuerst wird der Grund gekauft. Da beginnt es. Vor der Widmung kommt die Frage des Eigentums. Grundstücke, die man frei verbauen kann, werden in einer wachsenden Stadt immer weniger. Der Druck auf die Großstädte nimmt zu: erstens durch das rapide Bevölkerungswachstum. Das waren wir in Wien lang nicht gewohnt, wir hatten über Jahrzehnte eine sinkende Bevölkerungszahl. Und zweitens ist seit der internationalen Finanzkrise sehr viel Kapital im Umlauf, das Veranlagung sucht. Und vieles davon ist in Immobilien und Grundstücke investiert worden. Das erhöht die Grundstückspreise, und das spüren die Großstädte. Auch Wien. Trotz einer sehr aufwendigen Grundstücksvorsorge der Stadt.
Das ist richtig. Trotzdem müssen wir über die Widmung reden. Warum wird nicht gebaut, wie es notwendig ist, sondern so, wie es die Investoren wollen? Ich bin ja nicht gegen Hochhäuser, aber ich bin gegen Hochhäuser auf dem falschen Platz. Wie die misslungenen Häuser am Heumarkt.
Unabhängig von Einzelprojekten haben Sie recht. Die Investoren müssen sich an der Widmung orientieren, nicht umgekehrt.
Richtig.