„Immer gegen Unrecht kämpfen“

Ihre Kindheit in Südafrika, „diesem furchtbaren System von Unterdrückung und Ungleichheit“, habe sie geprägt, sagt Schauspielerin Charlize Theron.
Ihre Kindheit in Südafrika, „diesem furchtbaren System von Unterdrückung und Ungleichheit“, habe sie geprägt, sagt Schauspielerin Charlize Theron. (c) REUTERS (MARIO ANZUONI)
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Im Rahmen des Life Balls bekam Schauspielerin Charlize Theron in Wien eben den Crystal of Hope verliehen – in den heimischen Kinos ist die Oscar-Preisträgerin derzeit im Film „Tully“, einem Film über die Schwierigkeiten der Mutterschaft, zu sehen.

Preise für ihre schauspielerischen Leistungen hat Charlize Theron zahlreiche bekommen. In Wien wurde sie soeben für ihre Aids/HIV-Jugendinitiative „Charlize Theron Africa Outreach Project“ mit dem Crystal of Hope geehrt.

Miss Theron, Ihr Film „Tully“ handelt von den Schwierigkeiten, die damit einhergehen können, wenn man Kinder hat. Haben Sie je solche Momente der Überforderung erlebt?

Charlize Theron: Mir ging es anders als meiner Figur im Film, denn weil meine Kinder adoptiert sind, kenne ich diese Erschöpfung nach Schwangerschaft und Entbindung nicht. Aber natürlich war es auch für mich kräftezehrend, als ich damals meinen kleinen Sohn bekam. Und musste mich in eine vollkommen neue Situation einfinden. Das Gefühl, mit einem Mal für das Überleben dieses kleinen Wesens verantwortlich zu sein, hat mich vollkommen überwältigt. Ich habe zum Beispiel panisch in einer Tour alles desinfiziert, weil ich fürchtete, dass die Bakterien zu viel sein könnten für ihn. Meine größte Sorge war am Anfang wirklich, ihn nicht umzubringen. (lacht)

Die haben Sie hoffentlich heute nicht mehr ...

Nein, zum Glück findet man dann ja doch relativ schnell hinein ins Elternsein. Und spätestens mit dem zweiten Kind wird man ohnehin entspannter. Bei meiner Tochter habe ich schon kaum mehr mit der Wimper gezuckt, wenn sie aus ihrem Kinderstuhl gefallen ist. (lacht) Okay, ich übertreibe.

Haben Sie, um noch einen Moment bei „Tully“ zu bleiben, denn auch manchmal Sehnsucht nach der Zeit vor den Kindern?

Sie meinen nach langen Nächten im Club und so? Eigentlich gar nicht. Glauben Sie mir, ich habe meine Zwanziger wirklich sehr genossen. Ich konnte morgens mit meinem Rucksack aus der Wohnung gehen, spontan für drei Monate in die Türkei fliegen und war niemandem Rechenschaft schuldig, ob und wann ich wiederkomme. Ich konnte auch sonst wirklich alles machen, worauf ich Lust hatte. Und das habe ich auch getan! Aber dann war es auch genug. Mir fehlt heute gar nichts.

Über das enge Verhältnis zu Ihrer Mutter haben Sie schon oft gesprochen. Welche Rolle spielt sie nun im Leben ihrer Enkelkinder?

Eine große, aber lustigerweise tatsächlich eine ganz andere als damals in meinem. Als ich klein war, war meine Mutter immer stark und streng. Doch meine Kinder haben es jetzt geschafft, sie in ein totales Weichei zu verwandeln – und dürfen ihr auf der Nase herumtanzen. Ich liebe das!

Von der Erziehung durch Ihre Mutter abgesehen: Wo merken Sie selbst heute noch, wie Ihre Kindheit geprägt hat?

Das Entscheidende ist sicherlich gewesen, dass ich in Südafrika groß geworden bin, einem Land voller Aufruhr und Leiden. Während der Apartheid aufgewachsen zu sein, diesem furchtbaren System von Unterdrückung und Ungleichheit, das geht nicht spurlos an einem vorbei, selbst wenn man noch ein Kind und obendrein weiß war. Natürlich hat mich das geprägt. Und zwar in dem Sinn, dass ich bis ans Ende meiner Tage gegen solche Ungerechtigkeit kämpfen will, egal wo und in welcher Form ich sie wahrnehme. Deswegen habe ich zum Beispiel immer für die Rechte von Homosexuellen eingesetzt, und deswegen engagiere ich mich bis heute im Kampf gegen Aids und für Kinderrechte in Südafrika.

Können Sie solche Erfahrungen schon in irgendeiner Form an Ihre eigenen Kinder weitergeben?

Ich tue zumindest mein Bestes, und wenigstens mein Sohn ist inzwischen in einem Alter, in dem er in der Schule zum Beispiel etwas über Martin Luther King lernt. Also kann ich ihm auch schon davon erzählen, woher seine Mutter kommt. Überhaupt ist es mir immer wichtig, meinen Kindern die Wahrheit zu sagen. Wenn sie eine Frage haben, bekommen sie eine ehrliche Antwort, egal wie schwierig oder heikel das Thema ist.

Gleichzeitig will man sie ja vor manchem Elend so lange wie möglich beschützen ...

Aber man kann doch nicht die Realität von ihnen fernhalten. Als ich mich entschlossen habe, Kinder zu bekommen, habe ich mir damals zwei Ziele gesetzt: alles dafür tun, dass ihnen kein körperliches Leid geschieht – und dafür sorgen, dass sie keine verwöhnten Arschlöcher werden. (lacht) Deswegen ist es mir so wichtig, dass meine Kinder wissen, dass nicht alle Menschen so viel Glück haben wie wir.

Steckbrief

1975
kommt Charlize Theron in Südafrika zur Welt. Ihre Mutter erschoss Therons alkoholkranken Vater, als Theron 15 Jahre alt war.

1994
Nach ersten Aufträgen als Model übersiedelt Theron nach Los Angeles, wo sie erste Filmerfahrungen macht.

2004
Durchbruch mit „Monster“: Für ihre Rolle als Mörderin bekommt sie den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2018)

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