"Ich sehe für die von den USA verhängten Zölle keine Grundlage nach WTO-Recht", sagt der Vize-Generaldirektor der Welthandelsorganisation.
Die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium sind nach Ansicht eines Führungsmitglieds der Welthandelsorganisation WTO rechtswidrig. "Ich sehe für die von den USA verhängten Zölle keine Grundlage nach WTO-Recht", sagte Vize-Generaldirektor Karl Brauner der "WirtschaftsWoche" laut Vorabbericht vom Donnerstag. Dies gelte auch für höhere Einfuhrzölle auf Autos, wie sie US-Präsident Donald Trump derzeit prüfen lässt. Auf das offizielle WTO-Urteil wird Europa laut Brauner allerdings rund zwei Jahre warten müssen. Ein erstinstanzliches Urteil gebe es im Schnitt nach 15 Monaten. Das Problem sei die zweite Instanz: "Da die USA die Besetzung von Richterstellen bei der WTO blockieren, dauern Berufungsverfahren derzeit nicht wie vorgesehen 90 Tage, sondern deutlich länger", kritisierte Brauner.
Er mahnte die EU, bei ihren Reaktionen nicht zu überziehen: "Ein Handelskrieg ist kein Automatismus. Er entsteht nur, wenn auf eine Aktion eine Reaktion erfolgt – und möglicherweise eine Kettenreaktion auslöst". Der Ausschuss für Handelshemmnisse des EU-Parlaments entscheidet heute ab 15.00 Uhr über die Vergeltungszölle gegen die USA. Geplant sind etwa Abgaben auf Erdnussbutter, Whiskey, Jeans oder Motorräder.
Japan will sich dortigen Regierungskreisen zufolge dem EU-Vorgehen vor der WTO anschließen. "Unser ultimatives Ziel ist es, die USA dazu zu bewegen, diese Zölle zurückzunehmen", sagte ein Regierungsvertreter in Tokio. Die USA haben die Zölle auf Importe von Stahl auf 25 und für Aluminium auf zehn Prozent heraufgesetzt. Begründet wird der Schritt mit dem Schutz der nationalen Sicherheit und der heimischen Arbeiter.
Der Handelsexperte des Ifo-Instituts, Gabriel Felbermayr, rät der EU, sich "nicht zum Totengräber der Welthandelsorganisation" machen zu lassen. "Die angedachten Vergeltungsmaßnahmen der EU auf US-Stahlzölle" und die eigenen Schutzzölle gegen Stahlimporte aus Drittstaaten "werfen die Frage auf, ob die EU willens ist, WTO-rechtskonform zu reagieren und den zweifelsfrei mühsamen Weg durch die WTO-Schiedsgerichte zu gehen, oder ob sie letztlich mit gleicher Münze heimzahlen will", sagte Felbermayr. "Auch reizt die EU den rechtlichen Rahmen für Antidumping-Maßnahmen, vor allem gegenüber China, bis an die Grenze dessen aus, was rechtlich argumentierbar ist; damit setzt sie sich zu Recht dem Vorwurf des Protektionismus aus."
(Reuters)