Nato-Generalsekretär warnt vor Bruch der Nato unter Trump

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Es sei nicht sicher, dass das Militärbündnis die transatlantischen Verstimmungen überlebe, warnt Jens Stoltenberg. Die Meinungsverschiedenheiten in Sachen Handel, Klimawandel und dem Atomabkommen mit dem Iran seien zu groß.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnt, dass das amerikanisch-europäische Militärbündnis an den tiefen Verstimmungen zwischen den europäischen Staatschefs und US-Präsident Donald Trump zerbrechen könnte. "Politische Sturmwolken" brauten sich über dem Atlantik zusammen, meint Stoltenberg in der britischen Zeitung "Guardian".

Es gebe große Meinungsunterschiede, was Handel, Klimawandel und das Atomabkommen mit dem Iran betreffe. "Diese Uneinigkeiten sind real und sie werden nicht über Nacht verschwinden. In Wahrheit ist es nirgendwo in Stein gemeißelt, dass das transatlantische Bündnis immer florieren wird", schreibt er. Gleichzeitig relativiert der ehemaligen norwegische Premierminister: Der Zusammenbruch des Bündnisses sei nicht unausweichlich.

Stoltenberg appelliert vor dem Nato-Gipfel im Juli an die Staatschefs der Allianz, dass die Meinungsunterschiede keine negativen Auswirkungen auf die Sicherheitskooperation haben dürften.

Den jüngsten Tiefpunkt erfuhren die Beziehungen zwischen den USA und Europa während des G7-Gipfels in Kanada. Die Staatschefs der führenden Industriestaaten und Trump hatten sich wegen der von den USA verhängten Strafzölle überworfen. Trump zog daraufhin seine Unterstützung für die Abschlusserklärung zurück. Auf der Kurznachrichtenplattform Twitter ließ er sich zudem in persönlichen Attacken über Kanadas Premier Justin Trudeau aus.

Trump-Kritik an Europa

Auch kritisierte er die seiner Meinung nach zu geringen Ausgaben der europäischen Nato-Partner. Die Vereinigten Staaten trügen nahezu die gesamten Kosten der Nato und schützten damit "viele der Länder, die die USA im Handel abzocken und lachen", schrieb er. Von den 29 Nato-Mitgliedsstaaten geben nur acht, darunter die USA und Großbritannien, mehr als zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben aus - ein Ziel, dass die Staaten laut einer Vereinbarung bis 2024 erreichen sollen.

Zudem mischte sich Trump am Montag in den innerdeutschen Konflikt um die Abweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze ein - obwohl er in den USA wegen der umstrittenen Familientrennungen selbst unter Beschuss steht. Auf Twitter bescheinigte er der deutschen Bundesregierung eine Vertrauenskrise. "Die Menschen in Deutschland wenden sich gegen ihre Führung", schrieb Trump. Am Dienstag folgte eine Retourkutsche aus Frankreich: Regierungssprecher Benjamin Griveaux nannte die Bilder von der Grenze als "schockierend". Europa und die USA hätten "nicht dasselbe Zivilisationsmodell" und teilten "bestimmte Werte" nicht, sagte er.

Stoltenberg verteidigt Enagement Europas

Stoltenberg würdigte im "Guardian" zwar, dass Trump sich wieder zur Nato bekenne, nachdem er sie vor seiner Wahl ins Weiße Haus als "obsolet" bezeichnet hatte. Doch die Nato sei keine Einbahnstraße, wie Trump es immer behaupte. Auch die europäischen Partner geben nun mehr für Verteidigung aus und übernehmen Verantwortung für die euro-atlantische Sicherheit, schreibt der Nato-Generalsekretär.

>>> Bericht im "Guardian".

(red.)

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