Frauentag: Mars und Venus unter Schokoguss

(c) Michaela Bruckberger
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Ministerin Heinisch-Hosek diskutierte am Frauentag mit Männern: Bügeln Sie? Kochen Sie? Mit den Antworten beim Betriebsbesuch der OMV gab sie sich kaum zufrieden.

Wien. „Für richtige Männer“, prangt auf der Schokotafel, eingewickelt vom Bundeskanzleramt in rosa-weißes Papier und 500-fach verteilt und verschickt an Männer in österreichischen Leitbetrieben. Untertitel auf der Milchschokolade mit Tiroler Grauviehmilch: „Sie teilen gerne mit ihren Frauen. Auch Hausarbeit und Kinderbetreuung.“

Ach so? Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) fühlte gestern, Montag, am internationalen Frauentag den Männern auf den Zahn. Die Schoko im Gepäck, stattete sie der OMV in Wien Leopoldstadt einen Besuch ab, genauer: rund 50 Männern, großteils aus den gehobenen Etagen. Mit ihnen diskutierte sie im 22.Stockwerk über den Dächern von Wien über „halbe-halbe“.

Bügeln nur im Ausnahmefall

Zig Schokotafeln liegen auf den Bistrotischen, noch hat kaum ein Mann hineingebissen. Die Kost, die ihnen Heinisch-Hosek diesen Vormittag serviert, ist bitter genug: Kochen Sie? Bügeln Sie? Ganz direkt fragt die Ministerin und bittet um „ehrliche Antworten“. Erst nur einer, dann noch drei zeigen auf, als es ums Bügeln geht. „Sehr brav“, findet die Ministerin, aber – natürlich – noch viel zu wenig! Einige blicken betreten zu Boden.

„Ich trage Maßhemden, da bin ich empfindlich und lasse meine Frau gar nicht so gerne ran, auch nicht an die Schuhe“, sagt einer der „Vorzeigemänner“ der OMV beim Bügeln. Ihr Mann, Walter Heinisch, möge das auch gern, bügle auch ihre Blusen und sehe dabei fern, erzählt Heinisch-Hosek. „70/30“ sei die Arbeitsteilung seit Kurzem bei ihr zu Hause, der Mann mache mehr, seit sie Ministerin ist.

„Zuhören, sonst passiert etwas“

Einzelne Männer schlucken schwer, dabei haben sie noch gar keine Schokolade im Mund. 70/30 zulasten des Mannes? Im österreichischen Durchschnittshaushalt ist es genau umgekehrt, Frauen leisten viel mehr. Dramatische Konsequenzen würden drohen, warnt Wolfgang Kraus, CSR-Manager bei der OMV (für das gesellschaftliche Engagement). Er gibt sich selbstkritisch: „Jetzt passiert etwas, wenn ich ihr nicht zuhöre“, sei ihm eines Tages bewusst geworden, als seine Frau ihn wieder einmal bat, ihre Bedürfnisse zu „erhören“.

Man dürfe sich als Mann auch nicht „verrennen“ in dem Glauben, man müsse Geld herbeischaffen, während der persönliche Einsatz in der Familie zu kurz kommt. „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“, dieses Buch habe ihm geholfen, sagt Kraus und gibt die Empfehlung seiner Frau weiter.

Die Ersten beißen in die Schoko, süß schmeckt sie, sehr cremig, wie die Männer wohlwollend feststellen. „Gute Ware.“ Sie müssten die Schokolade auch nicht teilen, findet Heinisch-Hosek: „Das ist nicht so wichtig.“ Anderswo brauche es aber halbe-halbe, das auf den Schokotafeln nur angedeutet ist durch eine weiße Stricherllinie: Wer will, kann ganz gerecht ein paar Rippen für seine Frau abbrechen.

„Allgemein kann ich Ihnen da nicht zustimmen“, sagt die Ministerin einem führenden OMV-Mitarbeiter, der vier Kinder hat und seine Frau für den „Fulltime-Job“ zu Hause lobt: Er meint, dass die Erziehung daheim nicht durch öffentliche Institutionen und steuerliche Begünstigungen zu ersetzen wäre. Insgesamt solle es nicht begünstigt werden, wenn Frauen zu Hause bleiben, meint Heinisch-Hosek. Denn je länger die Babypause, desto eher würden Frauen riskieren, von der Karriereleiter zu kippen.

Vor allem die Unternehmen will die Ministerin stärker in die Pflicht nehmen. Was die Karrieremöglichkeiten von Müttern, aber auch das Einkommen von Frauen ganz allgemein betrifft. Heinisch-Hoseks Vision ist die Offenlegung der Durchschnittsgehälter von Frauen und Männern durch die Betriebe. So könne man zu fairen Einkommen gelangen. Ihr Gastgeber am Montag, die OMV, rühmt sich selbst als vorbildlich bei den Einkommen. Nachholbedarf gibt es noch bei den Aufsichtsräten: Nur zwei von zehn sind weiblich. Und im OMV-Vorstand sitzen derzeit nur Männer. Aber auch Heinisch-Hosek weiß: „Die OMV ist ein Vorzeigebetrieb der heimischen Wirtschaft.“ Von 34.000 Beschäftigten weltweit sind 30Prozent Frauen – damit liege man „über dem Industrieschnitt“, so ein Sprecher. Die Branche reize nur wenige Frauen.

Am Ende der Diskussion bleiben einige Tafeln im Versammlungszimmer der OMV zurück. Wer die Schoko probiert hat, weiß: Sie ist köstlich. Aber herb im Abgang.

IN ZAHLEN

Frauen sind so gut ausgebildet und arbeiten so viel wie noch nie. Trotzdem leisten sie noch zwei Drittel der unbezahlten Arbeit, wie die Frauenberichte 2010 und 1995 sowie die Zeitverwendungsstudie 2010 belegen. Die Einkommensschere ist sogar noch aufgegangen: 1998 erhielten Frauen 60,6 Prozent des Einkommens von Männern, 2007 waren es 58,4 Prozent. Bügeln ist zu elf Prozent, Wäsche waschen zu 15 Prozent Männersache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2010)

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