Von James Baldwin bis Marta Karlweis.
2016 kam der auf einem unfertigen Manuskript Baldwins beruhende Dokumentarfilm „I Am Not Your Negro“ in die Kinos, zwei Jahre später liegt die Neuübersetzung seines ersten Romans „Von dieser Welt“ (DTV, 220 Seiten, 22 Euro) frisch in den Buchhandlungen – und liefert einen Einblick, wie Baldwin (1924–1987) zu dem Schriftsteller wurde, der er war: sensibel und wuchtig, direkt und doch poetisch. „Von dieser Welt“ erzählt autobiografisch von einem Buben, der als Sohn eines schwarzen Predigers aufwächst – die Familie ist arm, der Bruder rebelliert gegen die zerstörerische Autorität des Vaters, er selbst weicht aus, in die Fiktion. Bücher. Filme. Verbotenes. Eine zwischendurch fast ekstatisch erzählte Geschichte von Verstrickung, Gewalt, katholischem Extremismus, von Entrückung und Flucht.
Der Wagenbach-Verlag erinnert heuer an zwei französischsprachige Schriftstellerinnen, eine sehr bekannt, eine fast vergessen: Françoise Sagan hat nicht nur „Bonjour Tristesse“ geschrieben, sondern auch „Lieben Sie Brahms . . .“, ein keckes, leichtes Buch. Madeleine Bourdouxhe wurde 1906 in Brüssel geboren und wuchs in Paris auf. „Auf der Suche nach Marie“ (192 Seiten, 12,99 Euro) ist ein zarter, fast schwebender Roman über eine junge Ehefrau, die ihren Mann abgöttisch liebt – bis sie sich im Urlaub auf den ersten Blick in einen anderen verliebt: Es entspinnt sich, was man als Amour fou bezeichnen könnte – nur dass Bourdouxhe sie nicht als Verrücktheit schildert. Wie selbstverständlich lässt Marie sich darauf ein.
Der Verlag „Das vergessene Buch“ hat im letzten Jahr gleich zwei Romane der Wiener Autorin Marta Karlweis herausgebracht: „Das Gastmahl auf Dubrowitza“ (210 Seiten, 22 Euro) erschien 1921 und schildert mit viel Lust am absurden Detail die Fahrt Katharina der Großen durch ihr potemkinsch verkleidetes Reich. „Schwindel“ (240 Seiten, 22 Euro) ist ein ungemein expressiver, immer wieder spöttischer, scharfsichtiger Roman über den Verfall des Wiener Kleinbürgertums, geschildert anhand des Schicksals einer Familie. Karlweis mag diese Familie – doch sie schaut genau hin. Eine Entdeckung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2018)