Erst setzte der US-Präsident die Verbündeten mit Kritik und Ultimaten unter Druck, bevor er schließlich doch ein Bekenntnis zum Militärbündnis ablegte.
Wien/Brüssel. Ehe Donald Trump vom Nato-Gipfel in Brüssel nach London abrauschte, stiftete der US-Präsident wieder einmal reichlich Verwirrung. Es sollte eigentlich um den Afghanistan-Einsatz gehen, um eine Ausbildungsmission im Irak und um Kooperationsgespräche mit der Ukraine und Georgien. Doch es drehte sich alles um den US-Präsidenten, seine Kritik an den Alliierten und seine Forderungen. Hinter verschlossenen Türen, so hieß es unter den Delegierten, ging es im Hauptquartier in Mons recht robust zur Sache.
Trump setzte neuerlich die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, massiv unter Druck, einen größeren Beitrag für das Verteidigungsbudget zu leisten: „Angela, du musst das ändern.“ Angeblich stellte er auch ein Ultimatum. Sollten die Nato-Partner nicht umgehend das erst für das Jahr 2024 anvisierte Zwei-Prozent-Ziel erfüllen, drohte er mit einem Alleingang der USA. Ob er einen Bruch insinuierte, war Interpretationssache. Trump verstieg sich sogar zur Forderung einer Aufstockung des Wehretats auf vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das nahm indes keiner der Staats- und Regierungschefs ernst.
War alles also nur Theaterdonner? Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beeilte sich jedenfalls, das Positive hervorzuheben. Der US-Präsident habe Handlungsdruck erzeugt, sagte er in seinem Resümee. Zudem seien die Verteidigungsausgaben generell gestiegen. Auch Emmanuel Macron war– wie andere Teilnehmer – sichtlich darum bemüht, den Konflikt herunterzuspielen.
Neuerlich rückte der US-Präsident das angebliche Ungleichgewicht in der Handelspolitik in den Vordergrund. Zugleich betonte Trump seinen Respekt für Deutschland, die Heimat seiner Großeltern. Diplomaten erklären die Diskrepanz zwischen Trumps öffentlichem Auftreten und der Würdigung seiner Gesprächspartner mit Verhandlungstaktik: „Er treibt den Druck in die Höhe und kühlt danach alles wieder ab.“
Trotz aller Differenzen legte Trump ein Bekenntnis zur Militärallianz ab: „Ich glaube an die Nato.“ Das Bündnis sei stärker als zuvor. Die Pressekonferenz geriet zur Show, in der er sich als „stabiles Genie“ pries und von der Immigration nach Europa über den Brexit bis zu einem Handelsdeal mit dem Iran viele Streitfragen streifte. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2018)