Donald Trump und Außenminister Mike Pompeo tauschen mit der Führung im Iran Verbalattacken aus. Der US-Präsident reagierte erzürnt auf die Drohung des iranischen Präsidenten: „Krieg mit dem Iran ist die Mutter aller Kriege.“
Wien/Washington. Wenn Donald Trump so richtig in Rage ist und der Blutdruck des US-Präsidenten in die Höhe schießt, verfasst er seine Twitter-Botschaften in Blockbuchstaben – damit die Welt davon auch gebührend Notiz nimmt. „Drohen Sie den USA niemals wieder, oder Sie werden Konsequenzen erleiden, wie sie im Laufe der Geschichte nur wenige je erlitten haben. Wir sind nicht länger ein Land, das ihre wahnsinnigen Worte von Gewalt und Tod hinnimmt. Seien Sie vorsichtig.“
Der Adressat seines Wutausbruchs war indessen nicht – wie in ähnlichem Tonfall im Vorjahr – Nordkoreas „Bad Boy“ Kim Jong-un, der in der Gunst Trumps zuletzt rapide gestiegen ist. Sein Zorn im jüngsten Krieg der Worte galt vielmehr Hassan Rohani und dem Mullah-Regime, seinen Erzfeinden in Teheran.
„Schwanz des Löwen“
Der iranische Präsident hatte am Sonntag mit blumiger, aber ungewohnt konfrontativer Diktion die USA und ihren Präsidenten provoziert. „Amerika sollte wissen, Frieden mit dem Iran ist die Mutter jeden Friedens – und Krieg mit dem Iran ist die Mutter aller Kriege“, sagte Rohani in einem demonstrativen Akt just vor Diplomaten in Teheran. Um schließlich den Intimfeind persönlich ins Visier zu nehmen: „Mister Trump, spielen Sie nicht mit dem Schwanz des Löwen.“ Zudem drohte Irans Staatschef mit der Schließung des Schiffswegs im Persischen Golf, einer Hauptroute des globalen Ölexports, was Washington vollends als martialische Gebärde des Iran auffassen musste.
Eigentlich wollte Trump am Wochenende ja in seinem Golfklub in Bedminster (New Jersey) ausspannen von den Turbulenzen seines Europa-Trips, dem Aufstand des republikanischen Establishments gegen seinen Umgang mit Wladimir Putin und den neuesten Enthüllungen über seine Affäre mit dem Playboy-Model Karen McDougal inklusive Schweigegeldzahlung. Die Attacke Rohanis war ein sehr willkommener Anlass für ein Ablenkungsmanöver von Trumps Problemen.
Zugleich steht auch Hassan Rohani unter massivem Druck, eingekeilt zwischen Reformern und Hardlinern. Immer offener und immer öfter bricht sich im Land der Frust Bahn über die ökonomische Misere und das kostspielige militärische Engagement in der Region. In Teheran kursierten kürzlich wieder einmal Spekulationen über einen Rücktritt des Präsidenten. Ayatollah Ali Khamenei, der oberste Führer der Islamischen Republik, hatte angesichts der wirtschaftlichen Zwangslage, des Verfalls der Währung und der Kapitalflucht sowie der Proteste der Bazaris eine Krisensitzung einberufen – und offenbar einen Wechsel des Wirtschaftsteams in der Regierung angeordnet. Die Kooperation mit den USA bezeichnete er als fatal.
Ventilfunktion für Teheran
Die antiamerikanischen Attacken haben für die Führung des schiitischen Gottesstaats nicht zuletzt eine Ventilfunktion. Es geht darum, das alte Feindbild des Mullah-Regimes zu reaktivieren. Donald Trump bedient das Stereotyp des „US-Imperialisten“ wie kein anderer. Im Mai kündigte der Präsident das Atomabkommen mit dem Iran auf, das er von Anfang an als „schlechtesten Deal“ gebrandmarkt hatte. Seither setzt er die Verbündeten unter Druck und droht bei weiteren Geschäftskontakten mit Sanktionen. Mittlerweile überlegen die USA aber Ausnahmen.
Gleichwohl hat die Regierung in Washington eine konzertierte Kampagne bei den Alliierten und Partnern in Europa und im Nahen Osten gestartet, um sie von ihrer Iran-Politik zu überzeugen – und will zugleich einen Kanal in Farsi lancieren. Außenminister Mike Pompeo wählte für seine Grundsatzrede vor großteils schahfreundlichen Exil-Iranern einen für die Republikaner magischen Ort: die Ronald-Reagan-Bibliothek im kalifornischen Simi Valley.
Pompeo warf dem Regime mafiose Strukturen vor. Die Mullahs und Ayatollahs würden sich mehr um Reichtum als um Religion kümmern, schimpfte er in seiner Brandrede. Rohani und Außenminister Mohammed Javad Zarif, die als moderat gelten, seien nur „polierte Frontmänner der internationalen Trickbetrüger“. Der US-Außenminister stellte weitere Sanktionen gegen hochrangige Führer der Eliteeinheit der Revolutionsgarden in Aussicht. Als Ziel gab er aus, die iranischen Ölexporte bis November möglichst auf null zu drosseln. Teheran blieb die Antwort nicht schuldig: Das alles sei absurd und psychologische Kriegsführung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2018)