Nach den Unwettern der vergangenen Tage war die Lage in Kärnten vorerst stabil. Am Freitag begann es wieder zu regnen, erneute Murenabgänge wurden befürchtet. Im Lesachtal entkamen Soldaten nach einem Steinschlag einer Katastrophe.
Klagenfurt. Die Lage in den Kärntner Katastrophengebieten hat sich in der Nacht auf Freitag nicht verschärft, blieb aber angespannt. Befürchtete Murenabgänge sind vorerst ausgeblieben. Die Aufräumarbeiten wurden am Freitag fortgesetzt. Im am stärksten betroffenen Bezirk, Hermagor, wurden entlang der Gail weiter Dämme repariert, die Straßen ins Lesachtal blieben für den allgemeinen Verkehr gesperrt.
Auch am Freitag hat es wieder geregnet. „Ich hoffe, dass der Regen nicht viel stärker wird“, sagt der Bezirkshauptmann von Hermagor, Heinz Pansi. „Wir versuchen, unser Programm fortzusetzen.“ Entlang der Gail sollen die Sicherungsmaßnahmen intensiviert werden. Mit Blackhawk-Hubschraubern und der Unterstützung von Baufirmen werden Steine angeliefert, um die rund 200 Meter fehlenden Damms bei Waidegg oberhalb von Rattendorf provisorisch wieder herzurichten und den Bereich zu stabilisieren. Pansi: „Niemand gewährleistet uns, dass es nicht wieder Regen in diesem Ausmaß gibt.“ Im Lesachtal ist die Lage weitgehend unverändert. Die Zufahrt von der Kärntner Seite aus bleibt gefährlich und ist für den allgemeinen Verkehr deshalb gesperrt. Nur Einsatz- und Versorgungsfahrten dürfen die einspurig nutzbare Strecke befahren. Aktuell werden wieder Gefahrenstellen sondiert, ebenso alternative Erschließungswege. Von Osttiroler Seite her kommt man nur bis Maria Luggau.
Im Lesachtal gab es am Freitag zudem einen massiven Steinschlag, der um ein Haar 40 Soldaten des Bundesheers getroffen hätte. Wie Bürgermeister Johann Windbichler sagte, hörten die Soldaten das Donnern der sich lösenden Felsen und konnten sich in Sicherheit bringen. Ein Bundesheerfahrzeug wurde schwer getroffen. „Es war sehr kritisch. Es hätte Tote geben können“, sagt Windbichler. Nach dem Vorfall wurden die Einsatzkräfte von der Stelle abgezogen.
Enormer finanzieller Schaden
Trotz Beteuerungen von Behörden und Politik könnten Betroffene des Unwetters auf großen Teilen der Schäden sitzen bleiben. Eine Pflichtversicherung für Hochwasserschäden gibt es noch immer nicht, kritisiert Gerhard Schöffmann von der Kärntner Landesversicherung. Er geht von Schäden im dreistelligen Millionenbereich aus. „Für die Betroffenen ist das eine sehr schwierige Geschichte.“ Den Versichertenschaden, also das, was die Versicherer bezahlen werden, schätzt der Vorstandsdirektor allein in Kärnten auf 30 bis 50 Millionen Euro. Der tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Schaden liege aber um ein Mehrfaches höher. Allein die Gebäudeschäden dürften sich auf 200 Millionen Euro belaufen. „Die Gesamtschäden mit Infrastruktur, Straßen, Brücken, Windbruch, den Folgeschäden in der Landwirtschaft lassen sich kaum abschätzen.“
Reparaturarbeiten auf Festung
Auch in Salzburg liefen am Freitag die Reparaturarbeiten auf der Festung auf Hochtouren. Eine Sturmwalze hatte am Dienstag von zwei Gebäuden große Teile des Dachs abgetragen und zerstört. Zum Schutz der historischen Mauern kurzfristig angebrachte Planen wurden aber am Donnerstag erneut vom starken Wind weggerissen. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2018)