Die Wahl von Birgit Hebein zeigt: Die Wiener Grünen bleiben unberechenbar.
Zwei Lehren aus dem neuen, aufwendigen Wahlprozedere, das die Wiener Grünen nun erstmals durchgeführt haben – um die grüne Spitzenkandidatur für die Wien-Wahl 2020 ebenso zu regeln wie die Nachfolge von Maria Vassilakou als Stadträtin für Verkehr und Stadtplanung.
Die erste Lehre: Die Wiener Grünen bleiben unberechenbar. Die Abstimmung galt als Richtungsentscheidung zwischen linker Flügel (Klubchef David Ellensohn) und Realo-Flügel (Gemeinderat Peter Kraus). Es wurde links-außen.
Birgit Hebein (51), grüne Gemeinderätin und Sozialsprecherin, die als Außenseiterin ins Rennen ging, konnte grüne Sympathisanten (sie durften erstmals als Gastwähler mitstimmen) ebenso überzeugen wie grüne Funktionäre. Letztere dürften sie als Kompromisskandidatin zwischen beiden kämpfenden Parteiflügel forciert haben – so wie die grüne Basis einst Maria Vassilakou im Kampf Realos gegen „Fundis“ als Kompromisskandidatin forciert hatte. Wie lautet der alte Spruch? „Wenn sich zwei streiten. . .“
Die zweite Lehre: Es gibt bemerkenswerte Wendungen des Schicksals. Dem Vernehmen nach hat sich Hebein nur deshalb zu einer Kandidatur überreden lassen, weil bei den Wiener Grünen (bis auf eine chancenlose Quereinsteigerin) nur Männer kandidiert hatten. Nun ist sie plötzlich grüne Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl 2020, im Sommer nächsten Jahres dazu Verkehrs- und Planungsstadträtin.
Als Draufgabe winkt der gelernten Sozialarbeiterin ein Job, den kaum jemand in der österreichischen Innenpolitik haben möchte: Umsetzung der inhaltlichen und organisatorischen Erneuerung der Wiener Grünen, vor allem Mediation zwischen den völlig zerstrittenen Parteiflügel (Stichwort: Heumarkt).
Apropos: Ist Mediation nicht Teil der Ausbildung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern?