Warum die Hypo-Aufsichtsratssitzung turbulent verlief. Die Pattstellung im Aufsichtsrat hätte die Agenda beinahe über den Haufen geworfen.
Eines muss man Werner Faymann lassen: Das Mediengeschäft versteht er bestens. Am Mittwochabend tagte der Aufsichtsrat der Kärntner Hypo Alpe Adria und segnete die Zwei-Millionen-Abfertigung für Kurzzeitchef Franz Pinkl ab. Am Donnerstagvormittag ließ der SPÖ-Bundeskanzler die Austria Presse Agentur wissen, dass er sich bei dem Thema „einschalten“ werde. Da müsse Brüssel eben warten: Faymanns Ankunft beim Treffen der Sozialdemokraten im Vorfeld des EU-Gipfels werde sich verzögern, hieß es. Das beeindruckte wiederum die „Kronen Zeitung“ offenbar sehr. Am Freitag titelte Faymanns Leibblatt: „Hypo Kärnten wird Chefsache“. Und: „Kanzler zitiert Aufsichtsrat zu sich“.
Das war zwar ein wenig übertrieben, aber Relativierungen wären dem Herrn Bundeskanzler wohl nicht so recht gewesen. Tatsache ist, dass vom Hypo-Aufsichtsrat, den Faymann zu sich „zitiert“ hat, lediglich einer erschienen ist: Kontrollbank-Chef Rudolf Scholten.
Lustig. Denn gerade Scholten hätte eigentlich nicht zum Canossagang antreten müssen. Er hat sich im Lauf der Aufsichtsratssitzung eh brav an die Vorgaben des Bundeskanzleramtes gehalten. Und das sorgte am Mittwoch doch für erheblichen Unmut in dem Gremium.
Es ist nämlich so, dass die Republik Österreich als Eigentümerin der Hypo vier Kapitalvertreter in den Aufsichtsrat entsandt hat. Wenig überraschend werden zwei der schwarzen Reichshälfte zugerechnet – nämlich Aufsichtsratschef Johannes Ditz und Kommunalkredit-Chef Alois Steinbichler. Die SPÖ wiederum hat Scholten sowie den früheren ÖBB- und RHI-Chef Helmut Draxler in das Gremium geschickt. Was politisch absolut nichts zu bedeuten habe, wie stets versichert wurde.
An besagtem Mittwoch haben die Herren Aufsichtsräte davon allerdings herzlich wenig gemerkt. Ständig piepsten die Handys der Anwesenden – Direktiven aus der Politik. Auch Scholten muss einschlägige Instruktionen erhalten haben. Plötzlich stimmte er nämlich gegen die Pinkl-Abfertigung. Was schon einigermaßen erstaunlich ist: Scholten bildet nämlich gemeinsam mit Johannes Ditz den sogenannten Personalausschuss – und hatte dort die Modalitäten um Pinkls Abgang fleißig mitverhandelt.
Helmut Draxler hat übrigens auch gegen die Abfertigung gestimmt – hatte dies aber schon vorher angekündigt. Von der SPÖ wollte er sich dennoch partout nicht vereinnahmen lassen. Bei einer Unterbrechung der Aufsichtsratssitzung soll sich daher, so ein Augenzeuge, gar Lustiges abgespielt haben: Im Vorzimmer wartete ein gewisser Stefan Imhof, seines Zeichens Sekretär von SPÖ-Finanzsstaatssekretär Andreas Schieder. Imhof soll Draxler angesprochen haben, worauf der nur barsch fragte: „Wer sind Sie überhaupt?“ Der Sekretär stellte sich vor und raunte Draxler zu, der Bundeskanzler bitte um eine Unterredung. Worauf Draxler antwortete: „Sagen Sie dem Herrn Bundeskanzler, von einem Wiener Wohnbaustadtrat lasse ich mir nichts ausrichten.“ Klar, dass sich Draxler also nicht zu Faymann „zitieren“ ließ.
Die Pattstellung im Aufsichtsrat – zwei waren für die Abfertigung, zwei dagegen – hätte die Agenda beinahe über den Haufen geworfen. Doch Ditz machte schließlich von seinem Recht, in einer solchen Situation ein Machtwort sprechen zu können (Dirimierungsrecht), Gebrauch. Und die Sache war abgehakt.
Bei der Frage der Bonuszahlungen für den neuen Vorstand war die Lage dann schon einfacher. Ditz, Steinbichler und Draxler stimmten dafür. Nur Scholten legte sich abermals quer.
Faymann zeigte sich am Donnerstag „zufrieden“ darüber, dass die von ihm entsandten Aufsichtsräte gegen die Pinkl-Abfertigung gestimmt haben. Aufsichtsratschef Ditz ist, wenig erstaunlich, nicht so begeistert: In einem Zeitungsinterview sprach er von „Uraltpolitik wie in den Fünfzigerjahren“. Angeblich wird überlegt, künftig Handys in den Hypo-Aufsichtsratssitzungen zu verbieten.
Was gegen die im Vorzimmer sitzenden Parteisekretäre unternommen werden soll, ist hingegen nicht überliefert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2010)