Am Freitag machte der Schneefall in Salzburg eine kurze Pause. Das Zeitfenster wurde zum Schaufeln genützt – ein Lokalaugenschein.
Salzburg. Es tut weh in den Augen, als kurz nach zehn Uhr am Freitag im Salzburger Tennengau erstmals seit Tagen die Sonne durch die Wolken blitzt. Der Schnee glitzert im Winterwunderland, es ist eine Pracht – und eine Bürde. Schnee, wohin man blickt, die Bäume sind dick eingepackt, auf den Dächern der Häuser liegen meterhohe weiße Wolken.
„Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals so viel Schnee hatten“, erzählt Rupert Walkner. Der Seniorchef vom Gasthof Alpenblick in Krispl steht zwischen meterhohen Schneewänden, die den Parkplatz einrahmen. Auf der anderen Straßenseite hat sich ein ganzer Berg aus geräumtem Schnee gebildet. Seit Donnerstagabend habe man keinen Strom mehr, erzählt der Wirt: „Heizung haben wir derzeit keine.“
Noch nimmt er es mit Humor. Er hofft, dass die eigens zur Verstärkung aus Kärnten angereisten Techniker die beschädigte Leitung oberhalb des Orts rasch reparieren können. Offen habe man trotzdem, erklärt der Wirt.
Skikurse abgesagt
„Rent a Ski“, wirbt ein Schild an der Hauswand. Es hängt hoch genug, um von der Straße aus noch sichtbar zu sein. Das Hinweisschild „Gasthof Alpenblick“ ist längst in den Schneemassen versunken. Doch den Skiverleih braucht hier derzeit niemand. Der zum Gasthaus gehörende, an sich beliebte Lift steht still. Vom Babylift kann man gerade noch das Häuschen der Talstation erkennen. Die restliche Anlage liegt unter der dicken Schneedecke.
Zwei Männer sind damit beschäftigt, die Talstation des Schlepplifts mit der Schneefräse freizulegen. Es wird noch Tage dauern, bis die Anlage wieder in Betrieb geht. Die Skikurse für nächste Woche habe man bereits abgesagt, berichtet Walkner.
Ein paar Häuser weiter stehen drei Männer auf dem Dach und räumen die Schneelast ab. Es wird geschaufelt, was das Zeug hält: vor den Häusern, zwischen Häusern, bei Einfahrten, auf Parkplätzen und auf Dächern. Es herrscht Zeitdruck: Am Samstag kommt der nächste Schnee.
Dächer entlastet
Bis dahin sollten gefährdete Dächer entlastet werden. Schließlich erwarten die Meteorologen in vielen Bereichen nicht nur Schnee, sondern auch Regen. Dass die Sorge berechtigt ist, zeigte sich in Thalgau: Dort stürzte am Freitag das Dach einer Lagerhalle unter der Schneelast ein. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.
Schaufeln, schaufeln, schaufeln: Doch kaum jemand weiß noch, wohin mit dem Schnee. Es gibt kaum Flächen mehr für das Deponieren. Mit Traktoren und Baggern wird der Schnee wegtransportiert.
Umgestürzte Bäume
„Ohne Schneefräse wäre ich erledigt“, erzählt ein Mann in Gaißau. Auch dieser Ort versinkt im Schnee. Entlang der Straße blitzen oft nicht einmal mehr die Spitzen der Schneestangen hervor. So mancher Baum neigt sich bedrohlich tief über die Straße, die Äste biegen sich unter dem Gewicht. Da und dort liegen schon umgestürzte Bäume am Straßenrand.
Wie gefährlich die Situation ist, zeigte sich in der Stadt Salzburg. Im Kurpark neben dem Schloss Mirabell stürzte am Freitagvormittag eine alte riesige Linde um. Die Stadt sperrte daraufhin vorsorglich alle Parkanlagen, Wälder und Stadtberge.
Das kurze Sonnenfenster nützte das Land Salzburg für Erkundungsflüge. Außerdem wurde mit Bundesheer-Hubschraubern versucht, Bäume entlang von gefährdeten Straßen vom Schnee zu befreien. Mit dem Abwind wurde der Schnee von den Bäumen geblasen. Unter anderem waren die Hubschrauber entlang der Wiestal-Straße, in Faistenau oder in Bad Vigaun unterwegs.
Zuwachs kommt
Seit Tagen gesperrt ist die Mandlwandstraße zum Arthurhaus in Mühlbach am Hochkönig. Gäste sind aber derzeit ohnehin keine mehr in dem beliebten Berghotel. Sie reisten vorsorglich ab. „Bei uns ist Stille“, erzählt Heidi Radacher, die Seniorchefin des Hotels, am Telefon.
Es heißt abwarten, bis die Lawinensituation sich wieder etwas entspannt. Doch vorher kommt am Wochenende noch einmal kräftig Nachschub an Schnee in den Nordalpen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2019)