Stadtflucht

Der Schnee verzeiht keinen Fehler

Derzeit ist es besser, auf der Piste zu bleiben.
Derzeit ist es besser, auf der Piste zu bleiben.APA/dpa/Patrick Seeger
  • Drucken

Abgesehen davon, dass Skifahrer sich nur mit geprüften Skiführern in den Tiefschnee wagen sollten: Was ist im Powder zu beachten, wenn sich das Schneechaos legt?

Nicht eine Sekunde lang kann ein Skifahrer derzeit daran denken, in den Schneemassen im freien Gelände unterwegs zu sein. Es soll sich auch keinen Millimeter von der Piste – sprich aus dem organisierten Skiraum – hinausbewegen, auch wenn nicht nach jedem Meter die Tafel mit der „Lawinenhand“ aufgepflanzt ist. Am besten stellt der Freerider und Tourengeher seine Ski in die Ecke, wartet ab, bis sich der Schnee setzt – und nutzt die Zeit zum theoretischen Studium von Lawinenkunde, Wetterdaten und Schneedeckenaufbau. Und vielleicht geht sich auch noch etwas Krafttraining aus.

Denn wenn sich die Situation einmal entspannt hat, die Lawinengefahrenstufe von fünf beziehungsweise vier auf drei, aber besser noch zwei und eins zurückgeht, ist die vorangegangene Bedrohung nicht vergessen. Der Schnee hat ein Gedächtnis: Hat sich eine extra schwache, rutschige Schicht, etwa durch Raureif oder Graupel, in die Schneedecke eingebaut, bleibt sie ein Risiko bis zum Ende des Winters. Mitunter wird dann gerade diese Schicht zum Kugellager, auf dem die Lawine abrutscht wie ein schräger Betonteppich. In der aktuellen Situation braucht es nur den leisesten Hauch von Irritation, dass sich durch die Neuschneemassen Staublawinen und Schneebretter von selbst auslösen.

Aus dem Gelände lesen. Ein Tag im Tiefschnee braucht viel Vorbereitung, ungeachtet der fitten physischen Verfassung und der richtigen Ausrüstung (LVS-Gerät, Sonde, Schaufel, Rucksack mit Airbag). Das Wichtigste ist zweifellos, zeitnah den Lawinenlagebericht zu checken und ihn, wie auch die Wetterentwicklung, über den Verlauf des Winters zu beobachten.

Aus der Landschaft zu lesen lernt man allerdings nur bedingt aus Büchern. Durch Routine und erhöhte Aufmerksamkeit am Berg lassen sich einige Zeichen entschlüsseln – wo sich Wechten aufbauen, wo Schnee hinverfrachtet, wo er gepresst wird. Aber letztlich sind es nur Vermutungen über Rinnen, Grate und Senken unter einer potenziell tödlichen Oberfläche, die immer unter Spannung steht. Geländekenntnis ist oberstes Gebot, auch beim kurzen Ausritt. Den Tiefschneehang vom Gegenhang aus zu analysieren hilft, Schlüsselstellen festzumachen.

Punkte, an denen man keinesfalls einfahren, stehen bleiben, stürzen oder zu knapp nacheinander abfahren darf. Ein Foto hilft, diese Hotspots zu verinnerlichen. Ein Fernglas ist sicher nicht die schlechteste Investition. Die Schaufel braucht's nicht nur zum Ausgraben, sondern auch, um vorm Losfahren ein Schneeprofil zu stechen. Und Stecken, um die Hangneigung zu messen.

Manche Sicherheitsmaßnahmen sind so simpel, dass schon einmal darauf vergessen wird. Zum Beispiel jemandem zu sagen, wo und wann genau man unterwegs sein wird. Oder den Handyakku nicht für Selfies und Postings vom Berg aufzubrauchen. Aber der folgenreichste Fehler im Tiefschnee ist wohl der: Selbstüberschätzung. Womöglich im Alleingang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ehrenamtliche Eisenbahnfreunde wie Reinhard Popp (li.) und Albert Malli erhalten den Betrieb der historischen Höllentalbahn als Museumsbahn am Leben.
Österreich

Auf schmalen Spuren durch das Höllental

Seit 40 Jahren sorgen Eisenbahnliebhaber dafür, dass die historische Höllentalbahn nach wie vor in Betrieb ist. Sonn- und feiertags kann man sich auf eine nostalgische Zugfahrt begeben, die nicht nur Zug-Auskennern Spaß macht.
Einer der Waggons, mit denen B&B Bluetrain etwa nach Gmunden oder nach Venedig fährt.
Österreich

Waggons aus aller Herren Länder

Das private Zugunternehmen B&B Bluetrain bietet Erlebnisfahrten an – im Luxuswaggon.
Auf Granitfelsen wurde die Burg Rappottenstein im Waldviertel einst erbaut – und später erweitert.
Österreich

Die Burg, in der nur die Stunden zählen

Mächtig thront die Burg Rappottenstein auf einem Felsen im Waldviertel. Die Tour durch die historisch gewachsene Festungsanlage führt nicht nur durch mehrere Bauepochen – sondern auch ins Verlies.
Blick vom Ufer des Ottensteiner Stausees auf die Ruine Lichtenfels.
Österreich

Im Tretboot oder Kanu über den Stausee

Malerisch, verwunschen – und ein Ziel für Wassersportler: der Stausee Ottenstein im Waldviertel.
Im ehemaligen Stadtgefängnis Tulln befindet sich seit 1990 – dem 100. Geburtstags des Malers – das Egon-Schiele- Museum.
Österreich

Auf den Spuren des jungen Egon Schiele

Wer Tulln besucht, kommt am berühmtesten Sohn der Stadt nicht vorbei: Das Schiele-Museum zeigt aktuell Natur- und Stadtlandschaften des Künstlers. Auf dem Bahnhof Tulln kann man die Wohnung seiner Kindheit besichtigen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.