"Schauplatz"-Chef: FPÖ wusste von Skinhead-Dreh

Die zwei Protagonisten der ''Schauplatz''-Reportage
Die zwei Protagonisten der ''Schauplatz''-Reportage(c) APA/ORF (ORF)
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"Am Schauplatz" kehrt keine Ruhe ein: Ex-TV-Chefredakteur Mück teilt wegen der Skinhead-Folge aus, die Verantwortlichen schießen zurück: So hätten Organisatoren der FPÖ-Veranstaltung von dem Dreh gewusst.

Der ehemalige TV-Chefredakteur Werner Mück und aktuell Verantwortliche im ORF liefern sich ein Schlagabtausch: Mück attestierte der "Am Schauplatz"-Reportage über den rechten Rand, die wegen angeblich neonazistischen Sagern für Wirbel sorgte, journalistische Fehler. Man hätte den FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, bei dessen Wahlveranstaltung die rechtsradikalen Jugendlichen gefilmt wurden, auf die Dreharbeiten aufmerksam machen müssen.

Der Verantwortliche für die ORF-Reportagereihe "Am Schauplatz", Christian Schüller, hat diese Kritik am Freitag zurückgewiesen. Man habe sehr wohl mit der Organisation beim Dreh Kontakt gehabt, sagte Schüller. Ein Mann mit FPÖ-Jacke habe das Team beim etwa zweistündigen Dreh in Wiener Neustadt angesprochen und auch beobachtet. "Ich hole euch dann, wenn der Strache kommt", habe er dem Redakteur Eduard Moschitz unter anderem angekündigt, so Schüller. Später habe derselbe Mann Redakteur und Kameramann hinter die Absperrung geholt, um zu filmen.

"Wusste, hier wird über Skinheads gefilmt"

Als Strache auf die beiden Skinheads traf kam es zum Eklat: Der FPÖ-Chef behauptet seither, Moschitz habe die beiden Protagonisten der "Am Schauplatz"-Reportage dazu aufgefordert, "Sieg Heil" oder "Heil Hitler" zu rufen. "Nachdem Strache den Skandal entfesselt hatte, ist der Mann dann auf Moschitz zugegangen und hat ihn nach dem Geburtsdatum gefragt", so Schüller. In der fertigen Reportage sehe man, wie der FPÖ-Mann "die Plakate anschaut und sie wieder zurückgibt. Er wusste, hier wird über Skinheads gefilmt", so Schüller.

Strache selbst hätte man beim Dreh darauf aufmerksam machen hätte müssen, dass man zwei Protagonisten mit der Kamera begleite, meint Magazinchef des ORF, Johannes Fischer: "Herr Strache war nicht die Hauptperson der Reportage, der war nur eine Randfigur. Herr Strache war bei einer offiziellen Wahlveranstaltung seiner eigenen Partei, mit dem muss niemand reden, der dort hinkommt."

"Bei jeder Strache-Veranstaltung tauchen Skinheads auf"

Auch handle es sich bei dem Treffen nicht - wie Mück der Reportage vorwirft - um Inszenierung: "Es gibt keine gestellte Szene", so Fischer. "Bei jeder Strache-Veranstaltung tauchen Skinheads auf."

Mück unterstellte dem "Schauplatz"-Team auch Scheckbuchjournalismus, denn der ORF soll jedem der beiden Protagonisten 100 Euro für dessen Persönlichkeitsabgeltungen gezahlt haben. Es sei nicht üblich, Zahlungen an Protagonisten von Reportagen zu leisten: "Wir haben in der Information eigentlich immer 'Nein' gesagt", so Mück. "Wenn es doch vorgekommen sei, "waren es immer die Ausnahmen und nie die Regel".

Das Erinnerungsvermögen des ehemaligen TV-Chefredakteurs "trügt", meint dazu Fischer. "Selbstverständlich hat es auch in seiner Zeit Zahlungen an Protagonisten für Persönlichkeitsabgeltungen gegeben. Die entsprechenden Unterlagen liegen in unserer Buchhaltung."

Sondersitzung und Vorhabensbericht

Die "Schauplatz"-Reportage über jugendliche Skinheads am rechten Rand ist am Montag auch Thema einer Sondersitzung des ORF-Publikumsrats. Der ORF hatte Kritik an der journalistischen Arbeitsweise rund um die Dokumentation in den vergangenen Wochen wiederholt zurückgewiesen. Strache behauptet nach wie vor, der ORF habe sich der Wiederbetätigung schuldig gemacht, weil er die Jugendlichen zu "Sieg Heil" rufen aufgefordert habe.

Eine Originalkassette mit dem Rohmaterial des Drehs auf der FPÖ-Veranstaltung ist bereits in Händen der Staatsanwaltschaft. Auf dieser ist davon nichts zu hören. Das restliche Material, das die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt fordert, will der ORF nicht hergeben. Ein Vorhabensbericht zu dem Fall ist derzeit beim Justizministerium anhängig, das darüber befinden soll, ob die geforderte Herausgabe des restlichen Rohmaterials zu dem Dreh mit den beiden Skinheads gerechtfertigt ist.

Zur Reportage

Die "Am Schauplatz"-Reportage "am rechten Rand" in der Tvthek

(APA/Red.)

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