ORF: Werner Mück kritisiert Zahlung an Skinheads

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Medien Werner Mueck kritisiert(c) APA (ROLAND SCHLAGER)
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Die pekuniäre Abgeltung von Persönlichkeitsrechten steht nicht in den ORF-Programmrichtlinien. Ein öffentlich-rechtlicher Sender dürfe nicht mittels bezahlter „Komparserie“ inszenieren, meint Mück.

Jetzt kommt auch Kritik aus den eigenen Reihen: Werner Mück, einst als TV-Chefredakteur des ORF auch für Magazine verantwortlich, findet, „Schauplatz“-Redakteur Ed Moschitz hätte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache darauf hinweisen müssen, dass er Skinheads auf dessen Wahlveranstaltung filmte. Im Apa-Interview meint Mück außerdem, Zahlungen zur Rechteabgeltung, wie sie im Fall der kritisierten Reportage erfolgten, seien „nie die Regel gewesen“ – man habe nur in Ausnahmefällen bezahlt, etwa wenn jemand Fachwissen ausführlich zur Verfügung gestellt habe. „Sachaufwand und Reisespesen“ seien ersetzt worden.

Ein öffentlich-rechtlicher Sender dürfe nicht mittels bezahlter „Komparserie“ inszenieren, meint Mück. „Die Grenzen zur unseriösen Manipulation sind sehr genau zu ziehen.“ Dass das ORF-Team die Skinheads mit dem Auto mitgenommen habe, hält Mück für einen Verstoß gegen die journalistischen Regeln.

Johannes Fischer, Magazinchef des ORF, reagierte empört: „Das Erinnerungsvermögen des Herrn Mück, der sich in einer überaus luxuriösen Altprivilegienpension befindet, trügt: Selbstverständlich hat es auch in seiner Zeit Zahlungen an Protagonisten für Persönlichkeitsabgeltungen gegeben.“ Entsprechende Unterlagen lägen im ORF. Es gebe auch „keine gestellte Szene“ in der Reportage: „Bei jeder Strache-Veranstaltung tauchen Skinheads auf.“ Sendungsverantwortlicher Christian Schüller assistierte: Das FPÖ-Team sei über die Dreharbeiten informiert gewesen. Ein FPÖ-Mann habe die ORF-Leute sogar hinter die Absperrung geholt, als Strache Autogramme gab.

Prüfung der Zahlungsflüsse steht aus

Welche Zahlungen tatsächlich geleistet wurden, konnte der ORF bis Freitag nicht klären. Am Montag fordert ein Sonder-Publikumsrat Auskunft. Richard Grasl, der Kaufmännische Direktor des ORF, war schon vor der Prüfung sicher, dass es „keinen Beleg dafür gibt, dass mehr als zwei mal 100 Euro“ bezahlt worden seien – zur Abgeltung der Persönlichkeitsrechte. In den ORF-Programmrichtlinien steht davon nichts. Dort heißt es: Soweit bei heimlich gemachten Bildaufnahmen von Personen (die nur nach Genehmigung durch den Direktor erlaubt sind) „der Verdacht besteht, dass eine Veröffentlichung gegen die berechtigten Interessen des/der Abgebildeten verstoßen könnte, darf eine Veröffentlichung nur stattfinden, wenn die abgebildeten Personen ihr schriftliches Einverständnis zur Veröffentlichung erteilt haben“. Eine Unterschrift sollte genügen.

„Wenn über den Hunderter hinaus Mittel geflossen sind, wäre das doppelt problematisch“, findet der VP-nahe Publikumsrat Andreas Kratschmar. Es steht der Verdacht im Raum, Moschitz könnte einem Skinhead Geld für Einkäufe im Neonazishop gegeben haben. ORF-General Alexander Wrabetz wird dem Publikumsrat am Montag berichten. Auch Informationsdirektor Elmar Oberhauser soll vor dem Gremium erstmals Stellung nehmen. Vorgegebenes Thema: „Öffentliche Inszenierung und ihre Grenzen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2010)

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