Jenseits von Guantánamo

Das umstrittene amerikanische Gefangenenlager Guantánamo beherbergte ohne richterlichen Beschluss oder Anklage 780 Häftlinge.
Das umstrittene amerikanische Gefangenenlager Guantánamo beherbergte ohne richterlichen Beschluss oder Anklage 780 Häftlinge.(c) The LIFE Images Collection/Getty (Shane McCoy/Mai)
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Kontaminiert die Fremden- und Terrorangst heute Schritt für Schritt die Rechtsstaatsidee? Das Konzept der Präventivhaft ist nicht neu, es hat unrühmliche Vorgänger.

Strafen sind Seismografen einer Gesellschaft. Das wusste schon der Jurist Rudolf von Ihering im Jahr 1867, als er schrieb: „Auf dem ganzen Gebiet des Rechts gibt es keinen Begriff, der an Bedeutung sich nur ferne mit dem der Strafe messen könnte, kein anderer ist so wie er das getreue Spiegelbild der zeitlichen Denk- und Empfindungsweise eines Volks.“ Er fügte noch hinzu, dass die Geschichte des Strafens eine des „fortwährenden Absterbens“ sei. Das können wir heute getrost vergessen. Es hat eher den Anschein, dass mehr denn je zuvor die Rede ist vom Strafen. Der Katalog ist lang: Härtere Strafen für Terroristen und Sexualstraftäter, aber auch Strafen für Arbeitsunwillige, Strafen für Tourengeher, die Lawinen auslösen, für Drohnenbesitzer, Schulschwänzer, Hass-Poster.

Zuletzt bestimmte das Thema der präventiven Sicherungshaft für verdächtige Asylanten die Diskussion in Österreich, als Schließen einer Schutzlücke gleichsam. Das angebliche Bedrohungsszenario für die Bevölkerung: Das Einsickern krimineller und terroristischer Personen. Zugleich ist das eine Maßnahme, mit der der Rechtsstaat beginnt, neues Terrain zu betreten. Nicht mehr allein die Straftat, sondern die bloße Realisierbarkeit einer solchen würde die Inhaftierung begründen. Also eine Vorverlagerung von Freiheitsentzug, wie sie die Zweite Republik bisher nicht kannte.

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