Ohne Austrittsabkommen werden alle Importe von britischen Lebensmitteln tierischer Herkunft in die EU verboten.
Brüssel. Neun Tage vor dem Stichtag für den harten Brexit ohne Abkommen mit der EU hält der Präsident der Europäischen Kommission dieses Krisenszenario für „zusehends wahrscheinlich“ und sieht dessen Abwendung „vollständig in den Händen“ Londons. „Der 12. April ist das letzte Datum, an dem es noch angenommen werden kann“, sagte Jean-Claude Juncker am Mittwoch in Brüssel im Europaparlament. „Wenn das House of Commons sich davor nicht entschlossen hat, wird keine zusätzliche kurzfristige Verlängerung mehr möglich sein.“
So ein No-Deal-Szenario sei nicht nach seinen Wünschen, fügte Juncker hinzu. Er werde alles tun, um einen ungeordneten Sturz der Briten aus der Union doch noch abzuwenden. Beim Krisengipfeltreffen am kommenden Mittwoch in Brüssel würden sich die 27 Chefs der Mitgliedsstaaten das Vorbringen von Premierministerin Theresa May noch einmal genau anhören.
In der Zwischenzeit haben Kommission und Mitgliedsstaaten zahlreiche Notfallpläne und befristete Vorschriften beschlossen, damit die Dinge zumindest in den ersten Monaten nach einem Hard Brexit halbwegs normal weiterlaufen.
„Lieber Staus als Gesundheitskrise“
Im Handel allerdings werde es schwere Verwerfungen geben, warnte Pierre Moscovici, der Kommissar für Wirtschaft, Finanz, Steuern und Zölle. Denn ab der ersten Sekunde wäre das Vereinigte Königreich ein Drittland – und somit alle seine Einfuhren in die EU zu verzollen. Das werde umfassende Kontrollen nötig machen. Moscovici verwies darauf, dass jährlich 40 Millionen Lkw zwischen Dover und Calais pendeln, sowie elf Millionen weitere den Ärmelkanal per Zug im Eurotunnel durchqueren. „Mir sind rigorose Kontrollen und Staus lieber als der Ausbruch einer Gesundheitskrise oder der Schmuggel“, warnte Moscovici.
Gänzlich verboten wird die Einfuhr von britischen Lebensmitteln tierischer Herkunft wie Mince Pie, Stilton oder Cheddar – auch als Tourist, der per Eurostar oder Flugzeug von der Insel zurückkehrt. „Das wird das Ende dieser Art von Souvenirs“, sagte eine Zollexpertin der Kommission. (GO)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2019)