Strache und Kurz: „Gern bei Wolf zu Gast“

MINISTERRAT: KURZ / STRACHE
MINISTERRAT: KURZ / STRACHEAPA/HANS KLAUS TECHT
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Die Regierungsspitze sagt beim Ministerrat, sie lehne Drohungen gegen Journalisten ab. Den Begriff des „Bevölkerungsaustauschs“ will Vizekanzler Heinz-Christian Strache aber nicht zurücknehmen. Im Gegenteil.

Wien. Zuerst ein Pressegespräch, dann eine Pressekonferenz – und am Ende noch das Pressefoyer? Nicht einmal die Regierung machte sich am Mittwochvormittag große Mühe, ihre neue Steuerreform nach dem Ministerrat zum dritten Mal in dieser Woche im Detail zu erklären und zu präsentieren. Und das, obwohl sie die Regierungssitzung eigens dafür angesetzt hatte – für gewöhnlich finden Ministerratssitzungen am 1. Mai nicht statt. Und so beglückwünschten einander Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) noch einmal zu ihrem Entlastungsprogramm. Doch bei dem Auftritt ging es dann recht rasch um andere, bekannte Themen. Nur, dass sich die Regierungsspitze in diesen Fällen nicht mehr so einig ist.

Strache versuchte noch einmal, seine Wortwahl in einem „Krone“-Interview zu verteidigen. Dort sprach er von einem drohenden „Bevölkerungsaustausch“ – den Hinweis, es handle sich dabei um einen Begriff aus der rechtsextremen Szene, wies er zurück. Am Mittwoch fügte Strache hinzu: „Man versucht hier, mit Wortklauberei eine Diskussion über Realitäten zu verhindern.“ Der „Bevölkerungsaustausch“ sei eine „Realität, und das kann man nicht leugnen“. Er möchte nicht „zur Minderheit im eigenen Land werden“ und sich auch nicht „den Mund verbieten lassen“.

Bundeskanzler Kurz musste – wieder einmal – einen Mittelweg wählen: den Koalitionspartner nicht vorlaufender Kamera zu vergrämen, ihm gleichzeitig aber sanft zu widersprechen. „Wir sind uns darin einig, dass wir illegale Migration ablehnen.“ Der Begriff des „Bevölkerungsaustauschs“ sei allerdings „sachlich falsch“. Immerhin würden ja keine Menschenmengen von Europa wegziehen. Schon am Dienstagabend in der „ZiB 2“ sagte er zu Moderator Armin Wolf: „Es ist etwas, was mir nicht gefällt, ein Wort, das ich ablehne und das ich für sachlich unrichtig halte.“ Kurz startete sogar einen Wahlappell an die Zuseher: „Wer eine Partei wählen möchte, die dieses Wort nicht verwendet, aber entschlossen gegen Massenmigration ist, der kann die ÖVP wählen.“

 

Pressefreiheit als hohes Gut

Das Interview habe „Spaß gemacht“, sagte Kurz am Tag darauf. „Ich gehe gern in die ZiB 2“. Das erzählte der Kanzler nicht einfach so, er wollte auf die Attacken seines Koalitionspartners auf den ORF-Moderator reagieren. „Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut, darüber brauchen wir nicht lang zu diskutieren.“ „Drohungen gegen Journalisten“ lehne er ab – nutzte die Gelegenheit dann aber doch, um von den Medien mehr Pluralität einzufordern. „Ich bin jedenfalls froh, wenn die FPÖ ein Interesse an Deeskalation hat.“ Strache kritisierte Wolfs Interview mit dem EU-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky zwar indirekt schon, meinte aber dann: „Drohungen haben hier nichts verloren. Wir müssen die Größe haben und deeskalieren.“ Übrigens, auch er sitze gern bei Armin Wolf. (ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2019)


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