. Die Konfliktparteien betonen immer wieder, sie wollten keinen Krieg gegeneinander führen. Gleichzeitig werden die Drohungen des amerikanischen Präsidenten immer schärfer. Nur Taktik oder doch Vorbereitung auf einen Waffengang?
Washington/Teheran. Offiziell erklären die Konfliktparteien, die in die wachsenden Spannungen rund um den Persischen Golf involviert sind, sie wollten keinen Krieg, obwohl es gegenseitig immer schärfere Drohungen gibt und die militärischen Vorbereitungen für einen Waffengang forciert werden. In der Nacht zum Montag drohte US-Präsident Donald Trump dem Iran sogar mit seiner Auslöschung: „Wenn der Iran kämpfen will, wird dies das offizielle Ende des Landes sein. Bedroht nie wieder die USA!“, reagierte er auf Twitter martialisch auf eine zuvor gemachte Erklärung des Kommandanten der Revolutionsgarden, General Hossein Salami, der Iran fürchte sich nicht vor einer Konfrontation mit den USA.
Will Oman vermitteln?
Irans Außenminister, Mohammed Zarif, zurückgekehrt von einer Asien-Tour nach Indien, Japan und China, wo er um Unterstützung für Teherans Positionen geworben hat, sieht derzeit keine unmittelbare Kriegsgefahr. Weder wolle der Iran einen Krieg führen, noch hege irgendjemand die Illusion, dem Iran in der Region entgegentreten zu können. Gestern empfing Zarif Omans Außenminister, Yousuf bin Alawi bin Abdullah, in Teheran. Oman hat gute Beziehungen zu sämtlichen Konfliktparteien und ist zuletzt immer wieder als Vermittler zwischen Washington und Teheran in Erscheinung getreten.
Auch aus dem Außenministerium des iranischen Erzfeindes Saudiarabien verlautete, die Regierung in Riad tue alles, um einen Krieg zu vermeiden. Wenn Teheran sich aber für Krieg entscheide, werde Saudiarabien „mit Stärke und Entschlossenheit“ reagieren. Riad hat für 30. Mai Sondersitzungen des Golfkooperationsrats und der Arabischen Liga einberufen.
Dringend zur Zurückhaltung aufgerufen hat auch Iraks einflussreicher schiitischer Kleriker Moqtada al-Sadr. Die Führung in Bagdad müsse alles unternehmen, um den Irak aus einem „mörderischen Krieg zwischen und den USA und dem Iran“ herauszuhalten. Auch der Chef der schiitischen Badr-Organisation, die enge Kontakte mit Teheran unterhält, sagt, es gelte, den Irak und die ganze Region vom „Geist des Krieges“ fernzuhalten. Denn ein Krieg werde alle in der Region verbrennen; niemand außer Israel wolle deshalb einen Krieg.
Grüne Zone beschossen
Der Irak gilt als möglicher Schauplatz eines amerikanisch-iranischen Krieges, weil dort nach wie vor mehrere Tausend US-Soldaten stationiert sind und es eine Reihe dem Iran nahestehende schiitsche Milizen mit großer Kampferfahrung gibt. Erst am Sonntag hat in der hochgesicherten Grünen Zone in Bagdad, wo sich auch die US-Botschaft befindet, eine Katjuscha-Rakete eingeschlagen. Verletzt wurde niemand – offenbar war das Geschoss als Warnung gedacht.
Unter Berufung auf Pentagon-Kreise meldete unterdessen die „New York Times“, dass der Iran offenbar als eine Art Entspannungsgeste von zwei seiner Marineschiffe im Persischen Golf die Raketen entladen habe. Wie viele weitere, mit Raketen bestückte Kriegsschiffe die dortigen Gewässer kreuzen, ist nicht bekannt. Inzwischen liefen zwei weitere US-Kriegsschiffe – die Zerstörer USS McFaul und USS Gonzalez – in den Persischen Golf ein. US-Militärexperten rechnen damit, dass das US-Zentralkommando in den nächsten Wochen weitere Verstärkungen seiner Luft- und Seestreitkräfte in der Region anfordern werde. Der britische Außenminister, Jeremy Hunt, warnte den Iran am Montag: „Unterschätzt nicht die Entschlossenheit der Amerikaner. (. . .) Wenn ihre Interessen angegriffen werden, werden die USA zurückschlagen.“
Unterdessen nimmt die Kritik an der Außenpolitik Washingtons zu, weil die Amerikaner sowohl ihre Verbündeten als auch ihre geopolitischen Widersacher über die tatsächlichen Ziele ihrer Iran-Politik im Unklaren ließen. Das aber erhöhe das Risiko einer Eskalation und von militärischen Fehlkalkulationen.
„Wir haben Trumps Ansatz und Taktik zuletzt genau studiert“, erklärte der russische Außenpolitikexperte und Kreml-Berater Fjodor Lukjanow, „er ist kein Militär, ja er scheut den Kampf.“ Aber: „Er liebt es, Muskeln spielen zu lassen und wirtschaftlich Druck auszuüben. Er glaubt, dass die Sanktionen Teheran letztlich an den Verhandlungstisch zwingen werden.“ (Bloomberg, AFP, DPA)
Säbelrasseln am Golf
Reaktionen. Angesichts gegenseitiger Drohungen und der Demonstrationen militärischer Macht rund um den Persischen Golf gibt es von mehreren Seiten Aufrufe an die USA und den Iran, Zurückhaltung zu üben. Vor allem im Irak ist die Furcht groß, in einen amerikanisch-iranischen Waffengang mithineingezogen zu werden. Ungeachtet aller Appelle drohte US-Präsident Trump dem Iran zuletzt mit seiner Auslöschung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2019)