Eurofighter: Oberste Antikorruptionsermittlerin spricht von Mängeln im Verfahren

EUROFIGHTER-U-AUSSCHUSS: VRABL-SANDA
EUROFIGHTER-U-AUSSCHUSS: VRABL-SANDAAPA/HERBERT NEUBAUER
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WKStA-Chefin Vrabl-Sanda berichtet von Versäumnissen der Wiener Staatsanwaltschaft. Die aktuelle Causa um Sektionschef Pilnacek war im U-Ausschuss nur ein Randthema.

Die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Ilse Vrabl-Sanda, hat am Donnerstag im Eurofighter-Untersuchungsausschuss von Mängeln in den jahrelangen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien berichtet, bevor das Verfahren heuer an die WKStA übertragen wurde. Der aktuelle Konflikt mit der Justizministerium kam im Ausschuss nur indirekt zur Sprache; nach der Befragung äußerte sich Vrabl-Sanda aber vor Journalisten eindeutig.

In einem kurzen Medienstatement zeigte sie sich hoffnungsvoll, "dass die WKStA die Staatsanwaltschaft ist, die diese Vorwürfe tatsächlich aufklären kann und auch Haltung bewiesen hat". Als Auskunftsperson im Ausschuss konnte sie das so nicht sagen: Haupthindernis war dabei, dass sich der Untersuchungsgegenstand des Ausschusses auf die Zeit bis 2017 beschränkt. Direkte Fragen zu jener Dienstbesprechung mit dem ehemaligen Justiz-Generalsekretär Sektionschef Christian Pilnacek am 1. April 2019 also, in der dieser vom "Erschlagen" des Verfahrens gesprochen haben soll, konnte Vrabl-Sanda daher nicht beantworten beziehungsweise wurden die Fragen vom Verfahrensrichter Ronald Roher unterbunden.

Die WKStA hatte Pilnacek nach der betreffenden Dienstbesprechung wegen des Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch angezeigt. Am Mittwoch war die Einstellung dieses Verfahrens bekannt geworden. Immer wieder versuchten auch die Abgeordneten von SPÖ, Neos, „Jetzt“ und auch der ÖVP, Fragen dazu zu stellen. Der Verfahrensrichter unterband das aber immer wieder.

Pilz ortet „Aushungerungsversuche“ 

Aushungerungsversuche des Verfahrens vonseiten der vorgesetzten Stellen habe sie nicht wahrgenommen, jedenfalls nicht bis 2017, meinte Vrabl-Sanda im Verlauf der Befragung. „Jetzt“-Abgeordneter Peter Pilz quittierte dies mit der lakonischen Antwort: „Das glaub ich, weil das ist erst danach passiert.“ Er bezeichnete das Aushungern, dann das Drängen auf Abbruch und schließlich das Verfolgen der ermittelnden Beamten als übliche Vorgangsweise bei Versuchen, ein Verfahren abzudrehen. Vrabl-Sanda ließ diese Ausführungen mit stoischer Miene über sich ergehen.

Von Mängeln in der Zeit von 2011 bis Anfang 2019, als das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien ressortierte und allein von Staatsanwalt Michael Radasztics verfolgt wurde, berichtete sie aber sehr wohl. So sei ein „sehr prominenter Lobbyist“, gemeint war wohl Alfons Mensdorff-Pouilly, erst Jahre später als Beschuldigter geführt worden. Bezüglich jenes Verfahrensteils, der Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser betrifft, seien wohl Berichtspflichten verletzt worden. „Anhand der Berichte, die ich gefunden habe, kann ich nur sagen, mir hätte das nicht gereicht, um sagen zu können, in welche Richtung das Verfahren geht“, sagte Vrabl-Sanda. Generell fehle eine „Konkretisierung der Tathandlungen“.

„Eine ganze Lastwagenladung“ Akten

Es gebe mehrere Verfahrensstränge, die eigentlich parallel geführt hätten werden sollen, meinte sie bezüglich des umfangreichen und daher sehr unübersichtlichen Verfahrens. Gleich zu Beginn habe man in der WKStA bemerkt, dass es nicht erfasste Beschuldigte gebe. Wichtig sei, nun zu prüfen, ob nicht schon Verjährungen eingetreten seien.

Auch das Ausmaß der Aktenlage beschrieb sie: Es habe sich um „50 bis 70 Umzugskisten“ gehandelt, eine ganze Lastwagenladung, und "etliche Terabyte Daten". In der WKStA sei klar, dass man nicht nur einen Mitarbeiter für solch ein Verfahren einsetzen könne. Die Situation von Radasztics, der großteils allein mit der Causa kämpfen musste, bezeichnete sie als „schwierig, nicht leicht“.

Weil jetzt die WKStA übernommen habe und Radaztics nicht mehr zuständig sei, gebe es auch einen „ganz erheblichen Wissensverlust“. Zudem werde gegen den Staatsanwalt ja auch ermittelt. „Eine unkontrollierte Übernahme von Hypothesen ist in diesem Fall nicht indiziert“, betonte sie. Es sei jedenfalls „ein noch intensiverer Personaleinsatz“ notwendig, und sie sei überzeugt, dass die WKStA dafür die entsprechende Unterstützung der Fachaufsicht erhalten werde.

Radasztics wehrt sich

Staatsanwalt Radasztics selber wies Vorwürfe am Donnerstag im U-Ausschuss zurück. Die Aussage, es habe Mängel im Verfahren gegeben, für das er jahrelang zuständig war, sei nicht berechtigt, meinte er. 

Dem Staatsanwalt wurden die Vorwürfe von Vrabl-Sanda vorgehalten, die bei einer Dienstbesprechung im Justizministerium am 1. April 2019 erhoben wurden. Es mangle an der Dokumentation der Verfahrensschritte, im Stammverfahren könne man nicht zwischen Beschuldigten und Zeugen unterscheiden, es sei eine Verjährungsprüfung notwendig, und die Behauptung, dass Enderledigungen bevorstünden, stimme nicht. Radasztics wies all das zurück. „Ich glaube, dass der Vorwurf nicht berechtigt ist“, sagte er. Er sei überzeugt, dass es „keine groben Versäumnisse“ gegeben habe. Warum Pilnacek in der fraglichen Besprechung von einem „Scheißakt“ gesprochen haben soll, konnte er sich nicht erklären: „Er ist morgen selbst anwesend, er kann vielleicht die Wortwahl eher erklären.“ 

WKStA wolle mehr Personal

Die WKStA habe in den zwei Monaten bis zur Dienstbesprechung noch gar nicht die Zeit gehabt, sich in den Akt einzuarbeiten. Außerdem sei es deren Ziel gewesen, mehr Personal zu bekommen, daher die drastische Darstellung, meinte Radasztics. Weder die Kritik an seiner Vorgangsweise bezüglich Mensdorff-Pouilly ließ er gelten, noch jene bezüglich Grasser. „Die von mir verfügte Abbrechung war meines Erachtens lege artis.“ 

Der Staatsanwalt wies auch darauf hin, dass die WKStA erst jetzt den Kontakt zu ihm suche. Kommende Woche sei eine Besprechung mit ihm angesetzt, davor sei nie mit ihm über die umfangreichen Eurofighter-Akt geredet worden.

Pilz versuchte sich für Radasztics einzusetzen. Jene Weisung, wegen der gegen den Staatsanwalt ermittelt werde, sei in Wirklichkeit von Pilnacek selbst der Öffentlichkeit verraten worden, was einen Bruch des Amtsgeheimnisses darstelle. Die zuständige Staatsanwaltschaft Eisenstadt weigere sich aber, hier zu ermitteln.

Radasztics wollte dazu nichts sagen, kritisierte aber, dass bei ihm über drei Monate eine Rufdatenrückerfassung vorgenommen wurde. Jede einzelne Person, mit der er in dieser Zeit telefoniert hatte, sei in der Folge in einem siebenseitigen Schreiben über sämtliche Anschuldigungen gegen ihn informiert worden. Er bezeichnete dies als „rechtswidrig“ und „wirklich bedenklich“.

(APA)

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