Gasexplosion: Weiterer Toter in zerstörtem Haus gefunden

Das einsturzgefährdete Haus wurde am Donnerstag von der Feuerwehr gesichert.
Das einsturzgefährdete Haus wurde am Donnerstag von der Feuerwehr gesichert.(c) APA/KEVIN HOFMANN (KEVIN HOFMANN)
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Bei der Gasexplosion in einem Wohnhaus in Wien ist eine 29-jährige Frau ums Leben gekommen. Sie wurde Donnerstagfrüh entdeckt. Nach einer weiteren Person wurde gesucht, sie wurde am Abend tot geborgen.

Wien. Es ist eine fast gespenstische Stille, die Donnerstagfrüh über der Pressgasse im vierten Bezirk liegt. Die Gasse selbst, in der sich am Mittwochnachmittag die Explosion ereignet hat, ist immer noch abgesperrt.

Obwohl hinter dem Absperrband Feuerwehr, Polizei und Rettung im Einsatz sind, obwohl viele Schaulustige stehen bleiben, obwohl der Morgenverkehr auf der Margaretenstraße vorbeifährt, ist es ungewöhnlich ruhig. Immer wieder erzählen Bewohner ihre Geschichte: dass die Feuerwehr in der Früh eine tote Frau aus den Trümmern geborgen hat. Wie sie selbst das Unglück erlebt haben.

„Ich habe im Wohnzimmer ferngeschaut“, erzählt ein Mann, der in dem Gemeindebau lebt, in dem sich die Explosion ereignet hat. Nach dem Knall sei er mit seiner Mutter durch das Stiegenhaus ins Freie geflüchtet, teils musste er Trümmer wegräumen, um voranzukommen.

Um kurz vor 20 Uhr Abends wurde laut Polizeisprecher Paul Eidenberger außerdem ein toter Mann gefunden. Unklarheit herrschte zunächst aber über die Identität. Die Einsatzkräfte der Wiener Berufsfeuerwehr hatten bis in die Mittwochabendstunden nach einem vermissten jungen Mann gesucht. Zu dem nicht identifizierten Todesopfer wurde eine Obduktion angeordnet.

1 Wie war die Lage vor Ort am Tag nach der Explosion?

Die Feuerwehr suchte am Donnerstag weiter nach einer in den Trümmern verschütteten Person. Sie konnte nur noch tot geborgen werden. Die Suche in Schutt und Trümmern ist für die Feuerwehrleute äußerst gefährlich: Da das Haus einzustürzen droht, wurden sie zusätzlich mit Leinen gesichert – um sie rasch ins Freie ziehen zu können.

2 Wie geht es für die Bewohner des Hauses weiter?

30 Wohnungen gibt es in dem Gemeindebau, 22 davon, in denen 42 Menschen leben, sind von der Explosion betroffen. Für sie hat die Stadt am Donnerstag Ersatzquartiere organisiert. Eine Rückkehr in ihre Wohnungen ist zumindest für die Bewohner der betroffene Stiege undenkbar: Diese wird abgerissen werden. Ob die zweite Stiege zu retten ist, ist noch unklar.

3 Wie entwickelt sich der Gasverbrauch in Wiener Haushalten?

Der Gasverbrauch eines durchschnittlichen Haushalts liegt konstant bei 10.700 Kilowattstunden im Jahr. In Summe ist das Gasnetz der Wiener Netze 4670 Kilometer lang und versorgt 600.000 Haushalte. Der Anteil der Haushalte mit Gasversorgung hat in den vergangenen Jahren nur leicht abgenommen. Die Zahl der Fernwärmeanschlüsse hingegen steigt stark an, weil bei Neubauten zumeist auf Fernwärme gesetzt wird.

Mittlerweile werden schon rund 40 Prozent der Haushalte mit Fernwärme versorgt. Eine mittelfristige Alternative zu Erdgas soll Methangas aus Biomasse bieten. Verwertet werden könnten die enormen Mengen an Schadholz, aber auch andere land- und forstwirtschaftliche Reststoffe.

4 Wer ist für die Wartung des Gasnetzes in Wien verantwortlich?

Bis zur Hausanschlussleitung des Kunden (im Keller des Hauses) warten die Wiener Netze das Gasnetz. Dann ist der Hauseigentümer verantwortlich. Die jüngste Überprüfung der Gasleitungen des Hauses in der Pressgasse hat von 2017 bis 2018 durch einen Installateur stattgefunden. Laut Wiener Wohnen gab es bis zur Explosion keine Hinweise auf Gasgeruch, Probleme mit Gas oder Ähnliches aus der Wohnanlage. Das gesetzliche Prüfintervall von Gasleitungen liegt bei zwölf Jahren. Die letzte Sanierung der Wohnanlage erfolgte 2007.

Warum es am Mittwoch zur Explosion kam, ist noch unklar. Laut Feuerwehrsprecher haben Anrainer und Einsatzkräfte Gasgeruch wahrgenommen, aber: Ob das die Unfallursache war oder ob die Gasleitungen erst durch eine Explosion zerstört wurden, könne man noch nicht sagen. Eine undichte Stelle in der Hausleitung als Unfallursache schließt Gerhard Fida, Geschäftsführer der Wiener Netze, aus. Das hätten Messungen der Gaskonzentration im Keller ergeben.

5 Wie hoch ist grundsätzlich die Explosionsgefahr bei Erdgas?

Damit Erdgas explodiert, benötigt es eine Zündquelle und das richtige Mischverhältnis mit Sauerstoff. Bei ausreichender Sauerstoffzufuhr liegt die benötigte Erdgaskonzentration bei vier bis 17 Prozent. In einem gewöhnlichen Haushalt ist eine solche Erdgaskonzentration, wie es seitens der Wiener Netze heißt, „nur durch grob fahrlässige oder mutwillige Handlungsweise zu erreichen“.

Bereits geringe Erdgaskonzentrationen in der Luft sind durch einen unangenehmen Gasgeruch erkennbar. In den Konzernen wie der OMV ist das Gas noch geruchlos – der Geruchsstoff wird erst vom Netzbetreiber hinzugefügt.

Bei Verdacht auf ausströmendes Erdgas sollten keine elektrischen Geräte genutzt werden, da sie Funken erzeugen könnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2019)

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