Tag eins nach der Nominierung von der Leyens zur EU-Chefin: Die SPD ist empört und die CDU auf der Suche nach einem Verteidigungsminister.
Berlin. Pressekonferenz in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand: Ursula von der Leyen soll die Grußworte sprechen. Statt einer Frau in Zivil steht aber ein Mann in Uniform auf dem Podium. „Den Hintergrund kennen Sie“, sagt der Generalinspekteur. Seine Ministerin ist nach Straßburg geflogen. Und sie ist vielleicht auch bald nicht mehr seine Ministerin. Sondern die erste Frau an der Spitze der EU-Kommission. Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert, seit Walter Hallstein, könnte die EU-Spitze also wieder in deutscher Hand sein. Das kommt teilweise schlecht an. In Deutschland.
Die „Bild“-Zeitung feiert deutsche Postenbesetzungen gern mit patriotischem Überschwang: Der Titel „Wir sind Papst!“ ist inzwischen ein Stück Zeitgeschichte. Von der Wahl der CDU-Verteidigungsministerin von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin rät das Boulevardblatt aber ab: Schon aus „Selbstachtung“ müsse das EU-Parlament dagegen stimmen. Andere Kommentare zielen in eine ähnliche Richtung. Und die sogenannte Große Koalition, die in Umfragen schon lang ohne Mehrheit dasteht, ist in der Frage zerrissen. Weshalb sich just Deutschland im Rat der EU-Staats- und Regierungschefs bei der Nominierung eines deutschen Kommissionspräsidenten enthalten hat – ein beispielloser Vorgang. Es herrscht dicke Luft in Berlin. Wieder einmal.