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ÖVP verteidigt "Schredder-Affäre"

Karl Nehammer in der ZiB2.
Karl Nehammer (r.) mit Armin Wolf in der "Zeit im Bild 2"(c) Die Presse (Screenshot)
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ÖVP-Generalsekretär Nehammer begründet in der „Zeit im Bild 2“ die Vorgangsweise mit der Angst vor Daten-Leaks - und erwähnt wieder einmal Tal Silberstein. Ex-Kanzler Kurz solle damit aufhören, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen, kontert die SPÖ.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer hat die Vorgehensweise in der „Schredder-Affäre“ mit Angst vor Daten-Leaks begründet. Bereits im vergangenen Wahlkampf habe es schlechte Erfahrungen gegeben, argumentierte er am Dienstag in der ORF-Sendung „Zeit im Bild 2“ - und erwähnte ein weiteres Mal die SPÖ und den Politikberater Tal Silberstein. Die Vorgehensweise des Social-Media-Mitarbeiters des Bundeskanzleramts, der Festplatten hatte schreddern lassen, nannte Nehammer „falsch und unkorrekt“.

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Dass vor einem Regierungswechsel „nicht veraktete Daten“ gelöscht und vernichtet würden, sei legitim, meinte Nehammer. Ebenso wenig ungewöhnlich sei in seinen Augen, dass die Aktion schon Tage vor dem Misstrauensantrag im Nationalrat stattgefunden habe, der die ÖVP-Expertenregierung zu Fall brachte. Man habe damit gerechnet, ein solches Votum nicht zu überstehen, meinte Nehammer: „Wenn der Antrag durchgeht, muss alles sehr rasch gehen.“

„Dirty Campaigning“, „Fake News“, „Daten-Leaks“ 

Auch in diesem Fall lenkte der ÖVP-Generalsekretär die Aufmerksamkeit auf die SPÖ und deren ehemaligen Berater, Silberstein. „Wir sind gebrannte Kinder“, meinte er in Bezug auf „Dirty Campaigning“ im vergangenen Wahlkampf. Auch damals habe es „Fake News“ gegeben - und es seien Daten geleakt worden. Daher habe man nun gesagt: „Wenn es zu einem Wechsel kommt, sind Daten so effizient wie möglich zu vernichten.“

Nehammer begründete dies in der „Zeit im Bild 2“ so: „Jetzt im Bundeskanzleramt sind noch immer viele Mitarbeiter nach Jahrzehnten sozialdemokratischer Bundeskanzler, die dort arbeiten.“ Auf den Hinweis von Moderator Armin Wolf, dies sei ein „ungeheuerlicher Vorwurf“ gegen die Beamten des Bundeskanzleramts - „das ist ja geradezu Verleumdung“ -, wiederholte Nehammer, dass die ÖVP eben ihre Erfahrungen im Nationalratswahlkampf 2017 gemacht habe. Zur IT-Abteilung im Kanzleramt meinte er: „Ich glaube, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ 

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Warum genau aber jene fünf Festplatten des Bundeskanzleramts von dem Mitarbeiter Kurz' zur Firma „Reißwolf“ gebracht und auf Verlangen drei Mal geschreddert wurden? Nehammer meinte, es habe sich um Druckerfestplatten gehandelt, die Druckerdaten kurzfristig speichern; man habe nicht ausschließen können, dass daher auch private Daten von Kabinettsmitarbeitern oder Strategiepapiere darauf zu finden gewesen seien.

„Rückschlüsse auf Kanzleramt vermeiden“ 

Über den Mitarbeiter des Bundeskanzleramts, der nach dem Regierungs-Aus mit in die ÖVP-Zentrale wechselte, meinte Nehammer, dass diesem die Aktion leid tue. Er habe den entstandenen Schaden nun bezahlt und kooperiere mit den Sicherheitsbehörden, um den Fall aufzuklären. Die „Schredder-Affäre“ war überhaupt erst Thema geworden, als die Soko „Ibiza“ in der ÖVP-Zentrale vorstellig wurde, den Mitarbeiter abholte und anschließend seine Wohnung durchsuchte; er hatte die Festplatten unter falschem Namen vernichten lassen, nur eine Telefonnummer angegeben und die Rechnung dafür nicht bezahlt.

Das geschredderte Material habe der Mann deshalb wieder mitgenommen, da der IT-Bereichsleiter im Bundeskanzleramt dies so verlangt habe. Einen falschen Namen habe er angegeben, um Rückschlüsse auf das Bundeskanzleramt zu vermeiden, so Nehammer.

Dass sich auf den Festplatten Daten zum „Ibiza-Skandal“ befunden haben könnten, schloss der Generalsekretär aus.

SPÖ: „Alles andere als ein normaler Vorgang“

Indes nimmt die SPÖ ÖVP-Chef Sebastian Kurz dessen Rechtfertigungen in der Schredder-Affäre nicht ab. „Der Ex-Kanzler soll damit aufhören, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen und jetzt die Wahrheit sagen“, sagte Wahlkampfmanager Christian Deutsch. Dass es sich um eine Aktenvernichtung im Zuge des Regierungswechsels gehandelt habe, sei allein schon wegen des Zeitpunkts nicht glaubwürdig.

„Viele mysteriöse Umstände“ ortete Deutsch nach den weiteren Enthüllungen rund um die Datenvernichtung durch einen ÖVP-Mitarbeiter. Diese würden schon bei der vor Wochen eilig einberufenen Pressekonferenz der ÖVP zu angeblich gefälschten E-Mails beginnen und vorläufig bei der „Schredder-Affäre“ enden. „Man darf sich nicht wundern, wenn das schmutzig anmutet“, meint Deutsch.

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Völlig unglaubwürdig sei Kurz, wenn er behaupte, die Vernichtung der Datenträger sei ein üblicher Vorgang im Zuge des Regierungswechsels gewesen. Dies sei nämlich schon vier Tage vor dem Misstrauensantrag im Nationalrat geschehen - und nur wenige Tage nach dem Auftauchen des „Ibiza-Videos“, das die Regierungskrise ausgelöst und das Ende von Türkis-Blau gebracht hatte. „Das war alles andere als ein ganz normaler Vorgang“, findet Deutsch.

Grüne fordern U-Ausschuss

Zum Verdacht der ÖVP, das angebliche Rechercheinstitut „Zoom“ könnte Dirty Campaigning vonseiten politischer Mitbewerber sein, meinte Deutsch nur: „So wie der Schelm denkt, so ist er.“ Wenn Nehammer nun eine eidesstattliche Erklärung von SPÖ und FPÖ einfordere, entspreche dies dem Muster der ÖVP: Immer wenn diese in einer Krise sei, starte sie derartige „Ablenkungsmanöver“, so Deutsch.

Die Grünen fordern indes eine parlamentarische Klärung der „Schredder-Affäre“. Werner Kogler, der Bundessprecher der Grünen, sagte am Mittwoch, seine Partei würde sich bereits auf einen Untersuchungsausschuss vorbereiten: Dessen Aufgabe, so Kogler, solle sein, den Inhalt der Festplatten festzustellen - und zu klären, ob es einen Zusammenhang zum „Ibiza-Video“ gibt.

(APA/Red.)