Schredder-Affäre: Beamte im Kanzleramt über ÖVP empört

Die Presse
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Der SPÖ-dominierte Dienststellenausschuss wies Unterstellungen in der Schredder-Affäre zurück und fordert ein Eingreifen von Kanzlerin Bierlein.

Beamte im Bundeskanzleramt empören sich über Aussagen aus der ÖVP, wonach man Daten aus Misstrauen SPÖ-nahen Beamten gegenüber schreddern habe lassen. Pauschale Unterstellungen, wonach Mitarbeiter nicht rechtskonform vorgehen bzw. zum Schaden für das Haus handeln würden, werden in einem Schreiben des SPÖ-dominierten Dienststellenausschusses zurückgewiesen.

>> Was nach dem Schreddern bleibt

Die Mitarbeiter zeichneten sich durch eine überdurchschnittliche Loyalität zu ihrem Dienstgeber aus, heißt es in dem Papier. Gerade durch die in einer Demokratie üblichen Wechsel an der Spitze des Hauses und in den Kabinetten sei man in besonderer Weise darin geschult, unabhängig von der politischen Ausrichtung der Ressortspitze und deren spezifischen Anforderungen tadellose Arbeitsleistungen zu erbringen.

„Befremdlich“ 

Viele der Beamten seien stolz darauf, dass ihr Engagement und ihre Arbeit von Bundeskanzlern unterschiedlicher politischer Herkunft gleichermaßen über viele Jahre hinweg geschätzt werde.

Umso befremdlicher sei es daher, wenn eine politische Partei im Zuge der Rechtfertigung eines Vorgangs versuche, Mitarbeiter des Hauses als nicht vertrauenswürdig zu diffamieren und diese ohne Grund und Anlass verdächtige, parteipolitisch motiviert handeln zu wollen. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein wird in dem Schreiben ersucht, auf die besagten Vertreter "einer politischen Partei" einzuwirken, die Diffamierung von Mitarbeitern des Bundeskanzleramts einzustellen.

„Viele Mitarbeiter nach Jahrzehnten sozialdemokratischer Kanzler“ 

Ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramts - der nach dem Ende von Türkis-Blau in die ÖVP-Zentrale wechselte - hatte im Mai, kurz vor der Abwahl der ÖVP-Expertenregierung, fünf Festplatten des Kanzleramts unter Angabe eines falschen Namens schreddern lassen. Der Vorgang wurde publik, nachdem die „Soko Ibiza“ in der ÖVP-Zentrale vorstellig wurde: Der Mitarbeiter hatte die Rechnung für das Schreddern nicht bezahlt, aber seine richtige Telefonnummer angegeben, wodurch er rückverfolgbar wurde.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer hatte am Dienstagabend in der ORF-Nachrichtensendung „Zeit im Bild 2“ die ungewöhnlichen Maßnahmen bei der Zerstörung der Festplatten damit begründet, dass „im Bundeskanzleramt noch immer viele Mitarbeiter nach Jahrzehnten sozialdemokratischer Bundeskanzler“ arbeiten würden. Auf den Hinweis von Moderator Armin Wolf, dies sei ein „ungeheuerlicher Vorwurf“ gegen die Beamten des Bundeskanzleramts - „das ist ja geradezu Verleumdung“ -, wiederholte Nehammer, dass die ÖVP eben ihre Erfahrungen gemacht habe.

Auf einen Blick

Die Schredder-Causa wurde bekannt, weil ein damaliger Kanzleramts-, nunmehriger ÖVP-Mitarbeiter die Rechnung für die Vernichtung von fünf Festplatten nicht bezahlt hatte.

Über seine Telefonnummer wurde er ausgeforscht und angezeigt. Die „Soko Ibiza“ prüft nun, ob mit der Datenvernichtung Beweismittel unterschlagen wurden.

(APA/Red.)

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