Bei einem harten Austritt würde sich London die Kosten der Übergangsfrist sparen.
London/Brüssel. Sollte die EU nicht nachgeben, werde Großbritannien bei einem Austritt im Unfrieden am 31. Oktober seine offene Rechnung von 39 Mrd. Pfund nicht vollumfänglich begleichen – diese Drohung adressierte Boris Johnson an die Unionsmitglieder, um sie dazu zu bewegen, den Brexit-Vertrag wieder aufzuschnüren und die Nordirland-Klausel zu streichen. Dass die Ankündigung des Premierministers in Brüssel und den anderen EU-Hauptstädten alles andere als gut ankam, liegt auf der Hand. Rein rechnerisch betrachtet hat Johnson allerdings recht: Die offene Rechnung, die Großbritannien beim Austritt präsentiert wird, ist in der Zwischenzeit tatsächlich kleiner geworden.
Dafür gibt es mindestens drei Gründe: Der finanzielle Teil des Austrittsabkommens, das im November 2018 zwischen Johnsons Vorgängerin, Theresa May, und der EU vereinbart worden war, setzte erstens eine Übergangsfrist bis Ende 2020 voraus, während der Großbritannien weiterhin ungehinderten Zugang zum EU-Binnenmarkt haben und im Gegenzug weiter ins EU-Budget einzahlen würde. Beim harten Brexit, den Johnson androht, gäbe es keine Übergangsfrist – und folglich auch keine Beiträge zum EU-Budget.