Salzburgs Einfluss auf das ÖFB-Team

Stefan Lainer, Marcel Sabitzer, Andreas Ulmer, Martin Hinteregger und Stefan Ilsanker (v. l. n. r.): Sie alle sind ehemalige oder aktuelle Salzburg-Spieler.
Stefan Lainer, Marcel Sabitzer, Andreas Ulmer, Martin Hinteregger und Stefan Ilsanker (v. l. n. r.): Sie alle sind ehemalige oder aktuelle Salzburg-Spieler.APA/HANS PUNZ
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Fußball. Österreichs Nationalmannschaft profitiert enorm von Arbeit und Philosophie beim heimischen Ligaprimus aus Salzburg. „Die Spieler kommen bestmöglich ausgebildet zum ÖFB.“

Salzburg/Wien. Serienmeister Salzburg, das ist unbestritten, hat den österreichischen Fußball wie kein anderer Verein in den vergangenen zehn Jahren geprägt. National eine Macht, haben sich die „Bullen“ auch auf europäischem Parkett oftmals ins Rampenlicht gespielt – der Höhenflug gipfelte diese Saison im erstmaligen Erreichen der Champions League. Vom Salzburger Aufschwung profitiert auch die Nationalmannschaft. Beim EM-Qualifikationsspiel im Juni gegen Nordmazedonien (4:1) standen nicht weniger als acht Spieler mit Salzburg-Vergangenheit in der Startformation.

„Die Arbeit von Salzburg in den vergangenen Jahren hat den österreichischen Fußball geprägt“, sagt Peter Schöttel im Wissen, dass der Verband profitiert. Der ÖFB-Sportdirektor lobt das „klare Konzept“, das der Serienmeister seit Jahren verfolgt, wie „das Spiel gegen den Ball, die athletischen Dinge, die sie forcieren, um das umzusetzen“. Im A-Nationalteam ist diese Entwicklung derzeit am stärksten sichtbar. In Österreichs U21 steht mit dem bei Rapid ausgebildeten Maximilian Wöber dagegen nur ein Red-Bull-Spieler, in der U19 gar keiner.

Besonders stark sind die Salzburger dafür in der ÖFB-U16 vertreten. Kein Wunder, sind sie doch darum bemüht, spätestens im Akademie-Alter die größten Talente des Landes für sich zu gewinnen – und viele folgen dem Ruf.

„Salzburg ist aktuell der Verein mit den besten Möglichkeiten, der auch etwas herzeigen kann. Der Output ist da“, erklärt Schöttel. Der ÖFB ist also klarer Profiteur. „Wir freuen uns, wenn die Spieler bestmöglich ausgebildet zu uns kommen.“ Salzburg war freilich nicht immer die nationale Nummer eins. In Zeiten der Frank-Stronach-Akademie (2000 bis 2009) etwa war die Wiener Austria führend. Dort genossen u. a. David Alaba und Aleksandar Dragović ihre Ausbildung.

Schöttel betonte die guten Leistungen, die auch in anderen Vereinen „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ beim Nachwuchs erbracht werden. In den ÖFB-Auswahlen gilt es, die verschiedenen Philosophien mit jener, die die Red-Bull-Spieler eingeimpft bekommen, unter einen Hut zu bringen. „Eine Herausforderung für die Teamchefs“, wie Schöttel selbst als U19-Coach festgestellt hat.

Fall Müldür: „Liegt am Spieler“

Als Sportdirektor sei es eine Herausforderung, die besten in Österreich ausgebildeten Spieler auch für das Nationalteam zu gewinnen. An Italien-Legionär Mert Müldür etwa ist der ÖFB nach wie vor interessiert, auch wenn der Ex-Rapidler bereits zwei Testspiele für die Türkei bestritten hat. „Er hat sich enorm entwickelt, weil er bei Rapid die Möglichkeit bekommen hat zu spielen“, sagte Schöttel über den 20-Jährigen, der nun in Diensten von Sassuolo in der Serie A steht.

Müldür läuft seit der U17 für die Türkei auf, für Österreich wäre er aber erst nach einem Pflichtspieleinsatz im A-Team der Türken nicht mehr spielberechtigt. Teamchef Franco Foda und Schöttel stehen mit Müldür in Kontakt. „Wir bemühen uns, aber es geht immer darum, was der Spieler will.“ Mitunter sei die Bindung zu einem anderen Land sehr stark. Schöttel: „Das ist dann schade und ärgerlich, aber eben nicht zu ändern. Und es ist auch kein rein österreichisches Phänomen.“

Im Nationalteam einsetzen will man interessante Kandidaten dennoch erst, wenn sie so weit sind. Diesbezüglich bleibt der Verband seiner Linie treu. „Wir werden das auch in Zukunft so fortführen“, sagte Schöttel. Zumal es mit Rapids 16-jährigem Toptalent Yusuf Demir, der auch für die Türkei spielen könnte, oder Stuttgart-Stürmer Saša Kalajdžić, um den sich auch der serbische Verband bemüht, noch andere Spieler gibt, die sich früher oder später werden entscheiden müssen.

Entschieden hat sich der ÖFB bereits für eine Neuaufstellung des sportmedizinischen Bereichs. In diesem Kontext sei laut Schöttel auch die Trennung von Richard Eggenhofer zu sehen, der als Teamarzt des A-Nationalteams von Michael Fiedler ersetzt wurde. In Zukunft wolle man auf einen Pool an Ärzten setzen, die sich auch um die Nachwuchsnationalmannschaften kümmern. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2019)

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