Dominic Cummings, Johnsons Chefstratege und Fädenzieher der Brexit-Kampagne, provoziert Kritik.
Wien/London. Bleich und schmal, mit hoher Stirn und schwarzer Brille, heraushängendem Hemd und nachlässigem Habitus, brüsk und brillant: Dominic Cummings, der Chefstratege der Regierung Johnson, eignet sich idealtypisch zum Bösewicht, zu den ihn die Brexit-Gegner stilisieren. Was Stephen Bannon für Donald Trump war, ist der 47-jährige Brexit-Mastermind, der in Oxford Geschichte studiert hat, für Boris Johnson – ein Vordenker und zugleich der Mann fürs Grobe, abwechselnd verglichen mit Rasputin oder Machiavelli, mit Verachtung fürs Establishment und die Bürokratie.
Cummings hat die überfallsartige Strategie entworfen, die im Parlament krachend gescheitert ist: die „Operation Kettensägenmassaker“. Via Telefon lieferte er sich Schreiduelle mit rebellischen Tory-Abgeordneten. In der Vorwoche zwang er auch eine Sprecherin des Finanzministers Sajid Javid schroff zum Rücktritt, und nach der verlorenen Abstimmung in Westminster soll er Labour-Chef Jeremy Corbyn spätabends in angetrunkenem Zustand als „Angsthase“ geschmäht haben. Ex-Premier David Cameron bezeichnete den Parteilosen als „Karriere-Psychopath“, John Major – einer seiner Vorgänger – forderte seinen Rücktritt.
Cummings zieht Kontroversen an wie Motten das Licht, scheut aber selbst die Öffentlichkeit. Im BBC-Film „Brexit: The Uncivil War“ stand der Erfinder des Slogans „Take back control“ allerdings als Hauptfigur selbst im Rampenlicht, verkörpert von Starschauspieler Benedict Cumberbatch. (vier)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2019)