Management & Karriere

Nachfolger verzweifelt gesucht

Demografieberatung
DemografieberatungMirjam Reither
  • Drucken

Bis vor Kurzem war der Nachwuchsmangel das größte Personalproblem der Unternehmen. Dieser verschärft sich jetzt weiter. Denn nun gehen die Babyboomer in Pension – und Wissenstransfer wird zum großen Thema.

Es passiert schleichend. Als würde den Unternehmen erst jetzt bewusst, welche Löcher der Abgang der Babyboomer (geboren 1955 bis 1969) in ihre Belegschaft reißt. Was tun? An dieser Stelle kommt die Demografieberatung ins Spiel. Das Wichtigste sagt Programmleiterin Alexandra Weilhartner vorab: Die Demografieberatung ist kostenlos. Sie wird zur Gänze von Sozialministerium und Europäischem Sozialfonds finanziert. Das EU-Projekt läuft bis 2022 und wird von ÖSB-Consulting, Deloitte und Konsortiumspartnern durchgeführt.

1500 heimische Betriebe unterstützte die Demografieberatung in den vergangenen zwei Jahren seit ihrer Gründung. Die meisten waren Klein- und Kleinstunternehmen, nur jedes siebente hatte mehr als 250 Mitarbeiter. „In der Beratung fragen wir“, erläutert Weilhartner, „ob ein Betrieb von Pensionierungswellen, Wissenstransfer und Fachkräftemangel betroffen ist. Und wie gut er dafür aufgestellt ist.“ Oft war die Tragweite des Problems gar nicht bewusst. Weilhartner erinnert sich an ein Händlerpaar mit fünf Angestellten. „Ich habe den Geschäftsführer gefragt, wie alt er ist. ,Stolze 58‘, hat er geantwortet. Und seine Frau? ,Ebenfalls 58.‘ Eine Kollegin war 57, ein Kollege im Pensionsantrittsalter. ,Wie haben Sie sich das in fünf Jahren vorgestellt?‘, habe ich den Geschäftsführer gefragt. Da hat er verstanden, worum es geht.“

Wann beginnen?

Die einfachste Lösung wäre nun, Nachfolger für die Scheidenden zu suchen. Doch einen Mitarbeiter, der geht, 1:1 nachzubesetzen, greife zu kurz, meint Weilhartner. „Die Betriebe müssen sich strategisch für die Zukunft ausrichten. Sich fragen, wo sie in fünf Jahren stehen wollen, wie sie sich positionieren wollen. Erst dann können wir über Nachfolger reden.“ Im Idealfall beginnt man sieben Jahre vor einer Pensionierung, sich mit der Nachfolgefrage zu beschäftigen.

Warum so lang davor? „Weil da strategische Überlegungen beginnen müssen.“ Mitarbeiter um Mitarbeiter fragen Weilhartner und ihre Consultants nach seinen Schlüsselfunktionen: „Was kann inhaltlich auf andere Kollegen übergehen, auf welche Kollegen, und brauchen diese dafür eine Fortbildung?“

Meist werden die Positionen neu gestaltet und das Wissen auf mehrere Köpfe verteilt. Erst dann denkt man über geeignete Nachfolger nach. Wichtig: Niemals über die Köpfe der Betroffenen hinweg. Weilhartner: „Alle Beteiligten müssen von Anfang an in einem Boot sitzen. Bindet man einen Mitarbeiter erst kurz vor seiner Pensionierung ein, kann er sein Wissen nicht mehr weitergeben.“

Tatkräftige Berater

Ein wesentliches Merkmal der Demografieberatung ist, dass nach der Theorie nicht Schluss ist. Auch bei der Umsetzung packen die Consultants an. Der Ablauf ist immer gleich. Man lernt sich kennen, die Demografieberatung stellt ihr Programm vor und arbeitet den Nutzen für den Betrieb heraus. Dann geht es ans Eingemachte: Welche Themen, Herausforderungen und Ziele hat dieser Betrieb? Daraus wird ein Fahrplan erstellt, Perspektiven werden aufgezeigt und Maßnahmen abgeleitet.

Steht das Konzept, arbeiten die Consultants auch an der Umsetzung mit. „Niemand hat etwas davon, wenn ein Berater einen tollen Workshop moderiert und dann geht.“ Hier übernimmt er auch Projektmanagement, moderiert, coacht und schult ein, schaltet Schnittstellen zusammen, dokumentiert und kümmert sich um die Abrechnung. Je nach Unternehmensgröße stehen zwischen 16 Beratertage (für sehr kleine Unternehmen) und 35 Beratertage (für große Unternehmen) kostenlos zur Verfügung. Mehr ist nicht nötig – dafür wird gesorgt. (red)

Nachfolge

Die Demografieberatung unterstützt Unternehmen kostenfrei bei Personalstrategie, Nachfolgersuche und Wissenstransfer. Am 16. Oktober werden diese Themen in eine Tagung gerahmt (Informationen unter www.demografieberatung.at/tagung).
Dieser Beitrag wird von „Die Presse“ in redaktioneller Unabhängigkeit gestaltet und ist durch finanzielle Unterstützung des Europäischen Sozialfonds und des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz möglich geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Barbara Covarrubias Venegas
Generationenmanagement

Vom Lebensstau zum Lebensphasenkonzept

Gefördert in den ersten 25 Jahren eines Berufslebens – im Abseits oder fallengelassen danach. Die Organisationsforscherin Barbara Covarrubias Venegas hat ein Rezept dagegen.
Wissenstransfer

Ich weiß, ich weiß, was du nicht weißt

Ein wesentlicher Teil der Nachfolgeplanung ist die Wissensübergabe. Es gibt viele Werkzeuge, mit denen sich explizites und implizites Wissen auffangen lässt.
10.000 Chancen

Mehr Mut, auch Ältere einzustellen

5000 Arbeitsuchende kamen zum Job Day in Wien.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.