Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hat Matthias Strolz schon fast vergessen gemacht. Sie will nun nicht nur für die eigene Partei, sondern auch für die Bürgerlichen eine Alternative sein. Und letztlich auch: als Partnerin für Sebastian Kurz.
Wien. Ein schneller Schluck Kaffee aus dem Becher, ein rascher Griff zu den Flyern, und schon geht Beate Meinl-Reisinger auf den nächsten Passanten zu. Im Gegensatz zu einigen hektisch vorbeihuschenden und demonstrativ wegblickenden Menschen bleibt dieser Mann stehen, nimmt das Werbematerial mit dem aufgedruckten Foto der Neos-Chefin entgegen und plaudert ein wenig. Bis sich ein anderer Passant dazwischendrängt, die Hand der Politikerin nimmt und ein Küsschen darauf hinterlässt. „Ah, ein Küsserkönig“, kommentiert der ursprüngliche Gesprächspartner und wendet sich zu Meinl-Reisinger: „Sind Sie leicht die Spitzenkandidatin?“ Erst nach dem Küsschen des Fremden stand für ihn fest: „Des muss a Wichtige sei.“
Beate Meinl-Reisinger wird an diesem Vormittag auf der Mariahilfer Straße zwar noch nicht von jedem Passanten erkannt. Sie ist für die Neos aber in den vergangenen Monaten zur anständigen Alternative (um den pinken Plakatspruch zu entlehnen) zu Matthias Strolz geworden. Als er vor nur 16 Monaten das Amt des Parteichefs ablegte, galt er als nur schwer zu ersetzen. Immerhin war die Partei seit ihrer Gründung im Jahr 2012 untrennbar mit ihrer schrillen Galionsfigur verbunden. Im Gegensatz zu den beiden Ex-Parteichefs Christian Kern (SPÖ) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat Strolz seiner Nachfolgerin die Bühne überlassen. Beate Meinl-Reisinger hat sie gern betreten. Sie mag das Scheinwerferlicht – das grelle in den TV-Studios genauso wie das im übertragenen Sinne.