Progonose

Jahresende bringt wirtschaftlichen Tiefpunkt

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Baustelle in der Daemmerung *** Construction site at dusk PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY photocase_imago images / Photocase
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Der Herbstprognose von Wifo und IHS zufolge gibt es eine wirtschaftliche Abschwächung, aber keine Rezession. 2020 dürfte die Arbeitslosigkeit wieder steigen.

„Es ist Herbst geworden, wir müssen uns wärmer anziehen.“ Mit diesen Worten begann Wifo-Chef Christoph Badelt am Freitag die Präsentation der aktuellen Herbstprognose von Wifo und IHS für die heimische Konjunktur. Die Kernaussage: Die weltweite Eintrübung der wirtschaftlichen Aussichten macht auch vor Österreich nicht halt. Daher wird sich das Wachstum weiter abschwächen, eine Rezession ist allerdings nicht in Sicht.IHS-Chef Martin Kocher erklärt die Situation mit folgendem Bild: „Wir leben noch mit dem Restalkohol der Party aus 2017 und 2018. Es wird zwar keine vollständige Ausnüchterung geben. Eine neue Party ist aber auch nicht in Sicht."

In Zahlen ausgedrückt sagt das Wifo für heuer ein Wachstum von 1,7 Prozent und für 2020 ein Plus von 1,4 Prozent voraus. Gegenüber dem Frühjahr ist die Vorhersage für 2019 somit um 0,1 Prozentpunkte gesenkt worden. Das IHS erwartet für heuer gleich wie im Frühjahr 1,5 Prozent, für 2020 wird die Prognose jedoch um 0,1 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent gesenkt. Die österreichische Wirtschaft wächst damit aber immer noch deutlich stärker als etwa jene Deutschlands, für die für heuer lediglich ein Zuwachs von 0,5 Prozent prognostiziert wird.

Als Hauptgrund für die Abschwächung wird von den Ökonomen der zunehmend geringere Schwung der Weltkonjunktur genannt. „Der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie der unsichere Ausgang der Brexit-Verhandlungen dämpfen international die Investitionsnachfrage“, heißt es in der Prognose. Das reduziere die globale Industrieproduktion – bei der die Talsohle auch noch nicht erreicht ist – und schlage sich so naturgemäß auch auf die heimischen Exporte nieder. Erhöhten sich diese im Vorjahr noch um 5,9 Prozent, wird für heuer nur mehr ein Plus von 2,3 Prozent erwartet.

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Exporte bleiben Sorgenkind

Für die heimische Gesamtwirtschaft bedeutet dies, dass das Wachstum im zweiten Quartal dieses Jahres mit 0,3 Prozent so niedrig war wie zuletzt im Jahr 2015. Und auch für das zweite Halbjahr seien die Aussichten „verhalten“. Einige Indikatoren würden in der Sachgütererzeugung bereits auf einen Rückgang der Produktion hindeuten, während in der Bauwirtschaft und im Dienstleistungsbereich die Stimmung noch „überwiegend positiv“ ist. Gestützt wird die österreichische Volkswirtschaft derzeit vom privaten Konsum. Dieser ist aufgrund der „günstigen Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung“ nach wie vor stabil.

Den Tiefpunkt des aktuellen Konjunkturverlaufs sehen die Wirtschaftsforscher zu Jahresende 2019. Kommendes Jahr soll sich das Wachstum „im Einklang mit dem weltwirtschaftlichen Umfeld“ wieder stabilisieren, „insgesamt aber mäßig ausfallen“. Vor allem die Exporte bleiben das Sorgenkinder Ökonomen. Dass für 2019 in Summe ein höheres Wachstum als für 2020 vorhergesagt wird, hängt dabei mit dem starken Jahresbeginn zusammen.

Negative Trendwende

Auswirkungen hat das allmähliche Abflauen der Konjunktur laut der Prognose auf den Arbeitsmarkt. „Die Reduktion der Dynamik gilt leider auch für die Beschäftigung“, so Badelt. Die Trendwende sei daran zu erkennen, dass die Arbeitslosigkeit in gewissen Gruppen – etwa bei den Älteren ab 55 Jahren oder bei Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen – wieder steigt. 2020 wird nach Ansicht der Wirtschaftsforscher diese negative Trendwende auch den gesamten Arbeitsmarkt betreffen. Die Arbeitslosenquote dürfte wieder leicht von 7,4 auf 7,5 Prozent ansteigen.

Bedingt positive Nachrichten haben die Ökonomen indes für den Finanzminister und die künftige Bundesregierung. So entwickelt sich die Finanzlage des Staates 2019 weiter positiv. Der Budget-Überschuss des Gesamtstaates (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger) soll laut Wifo demnach heuer auf 0,6 Prozent ansteigen. Durch die jüngsten Parlamentsbeschlüsse, wie etwa die Erhöhung der Pensionen und Senkung gewisser Sozialversicherungsbeiträge, werde das 2020 aber wieder zum Teil aufgefressen und der Überschuss im Staatshaushalt auf 0,4 Prozent sinken. Das IHS ist mit jeweils 0,3 Prozent Überschuss ein wenig skeptischer.

Einig sind sich aber beide Institute, dass dieser Überschuss nicht ausreicht, um die notwendigen politischen Ziele zu erreichen. „0,4 Prozent entsprechen ungefähr 1,6 Mrd. Euro. Das reicht aber unmöglich, um einerseits eine Entlastung der Arbeitnehmer zu schaffen und andererseits substanzielle Investitionen in Bildung und Forschung, den Klimaschutz oder die Pflege zu tätigen“, so Badelt. Eine Rückkehr ins Defizit sei angesichts des nach wie vor vorhandenen Wachstums aber auch nicht zu rechtfertigen. „Die Politik hat nun das Jahr 2020, um entsprechenden Spielraum im Budget zu schaffen“, sagt IHS-Chef Kocher. „Es wurde ein weiteres Jahr für Strukturreformen gewonnen. Langsam wird es aber kritisch“, ergänzt Wifo-Chef Badelt.

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