Attentäter von Halle gestand Tat und rechtsextremistisches Motiv

APA/dpa/Jan Woitas
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EU-Kommission fordert Schutz für Jüdische Gebäude.

Der Todesschütze von Halle hat die Tat gestanden und auch ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv bestätigt. Der 27-jährige Stephan B. habe in dem mehrstündigen Termin beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am Donnerstagabend umfangreich ausgesagt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Karlsruhe am Freitag.

B. befindet sich inzwischen in Untersuchungshaft. Der am Abend erlassene Haftbefehl legt ihm zweifachen Mord und siebenfachen Mordversuch zur Last. Das sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Freitag auf Anfrage.

Stephan B. war am Mittwoch festgenommen worden, nachdem vor einer Synagoge im ostdeutschen Halle eine 40 Jahre alte Frau und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss ein 20-jähriger Mann erschossen worden waren. Zuvor hatte der Täter vergeblich versucht, die Synagoge mit Waffengewalt zu stürmen. Zu dem Zeitpunkt hielten sich 51 Menschen in dem Gotteshaus auf und feierten das wichtigste jüdische Fest, Jom Kippur.

Auf der Flucht verletzte der Täter zudem eine 40 Jahre alte Frau und deren 41 Jahre alten Mann mit Schüssen. Nach Erkenntnissen der Ermittler hatte B. vier Schusswaffen und mehrere Sprengsätze bei sich.

Ein Bekennervideo in sozialen Netzwerken zeigt den Ablauf der Tat aus der Perspektive des Attentäters - von der vergeblichen Erstürmung der Synagoge über die tödlichen Schüsse bis zur Flucht. Zudem legte der Täter in einem elf Seiten langen "Manifest" seine Gedanken dar.

Schutz jüdischer Einrichtungen in Europa

Nach dem antisemitischen Anschlag im ostdeutschen Halle hat die EU-Kommission alle Mitgliedstaaten aufgerufen, Synagogen und andere jüdischen Einrichtungen ausreichend zu schützen. Die Kommission habe ein entsprechendes Schreiben an alle EU-Staaten geschickt und sie aufgefordert, die Kosten für den besseren Schutz zu übernehmen, sagte die EU-Antisemitismusbeauftragte Katharina von Schnurbein.

"Es gibt eine Reihe von Staaten, die Nachholbedarf haben." Derzeit müssten jüdische Gemeinden teilweise die Hälfte ihres Budgets für Sicherheitsmaßnahmen ausgeben, teilte von Schnurbein den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) mit.

Schnurbein erläuterte zudem, in einer Umfrage der EU-Agentur für Grundrechte unter europäischen Juden hätten 38 Prozent der Befragten erklärt, dass sie in den letzten fünf Jahren darüber nachgedacht hätten, Europa aus Sicherheitsgründen zu verlassen. "Wir müssen die Herausforderung europaweit angehen. Bisher ist das Engagement der Staaten zum Teil begrenzt", sagte die Antisemitismusbeauftragte.

Die EU-Mitgliedstaaten hätten sich schon im Dezember 2018 darauf verpflichtet, jüdische Einrichtungen zu schützen. Bis 2020 soll jeder EU-Staat eine Strategie gegen Antisemitismus haben.

In Österreich erhöhte die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen bei jüdischen Einrichtungen. Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), betonte im Gespräch mit der APA, dass sich die jüdische Gemeinde in Österreich sicher fühle: "Der Verfassungsschutz und das Innenministerium sind sich sehr bewusst, was passiert ist.“ (APA/dpa)

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