Gasunfall: Explosion nach Kurzschluss

Gasunfall Leitung leck
Gasunfall Leitung leck(c) APA (Herbert PFarrhofer)
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Fünf Tote in St. Pölten. Unterirdische 20.000-Volt-Stromleitungen brannten ein Gasrohr durch – die ganze Nacht trat Gas aus.

St. Pölten/Wien (red./stög./sol). Ein massives Leck in der Gaszuleitung hat die Explosion eines Wohnhauses im Süden St. Pöltens ausgelöst. Das steht seit Freitagabend fest. Den Erhebungen zufolge trat vor dem Haus im Kreuzungsbereich der unterirdischen Gaszuleitung bei drei 20.000-Volt-Stromleitungen am Mittwochabend ein Kurzschluss auf. Daraufhin brannte ein Lichtbogen das darunter liegende Gasrohr durch. Eine ganze Nacht lang trat Gas aus. Das ergibt sich aus den Aussagen des Sachverständigen Christian Tisch vom Bundeskriminalamt (BK). In der Früh kam es schließlich zur Explosion – fünf Menschen starben.

Der St. Pöltner Staatsanwalt Karl Fischer bezeichnete es gestern noch als „zu früh für juristische Schlussfolgerungen“. Es gehe noch um die endgültige Ermittlung der konkreten Ursache und dann darum, ob jemandem ein Vorwurf zu machen ist.
Den ganzen Freitag über hatten die Aufräum- und Ermittlungsarbeiten auf Hochtouren angedauert. Die Ruine des einstöckigen Hauses war Sperrgebiet.s Bis Freitagnachmittag waren in St. Pölten Süd noch knapp 2000 Anrainer ohne Gasversorgung. In der Stadt herrscht Trauer, das Rathaus ist schwarz beflaggt.

Enormer Rettungseinsatz

Erst in der Nacht auf Freitag konnten die Helfer alle fünf Leichen aus dem eingestürzten Gebäude bergen. Es handelt sich um ein Pensionistenpaar (81 und 77 Jahre), dessen Tochter (52), den nigerianischen Lebensgefährten (53) der Tochter – er arbeitete bei der Stadt St. Pölten – und die Enkelin (17). Die Leichen wurden am Freitag in Wien obduziert. Eine weitere Enkelin schlief in der verhängnisvollen Nacht nicht im Haus. Ein ebenfalls im Haus wohnendes Ehepaar befand sich zum Zeitpunkt der Detonation bei Bekannten. Es verlor sein gesamtes Hab und Gut.

Jene Anrainer, deren Grundstücke an das Unglückshaus grenzen, mussten ihre Wohnungen verlassen. Es müssen statische Überprüfungen durchgeführt werden. Für sie bietet die Stadt vorerst Ersatzquartiere an. „Die Hilfsbereitschaft ist großartig. Private haben ihre Wohnungen zur Verfügung gestellt, andere brachten den Helfern und Betroffenen Getränke und Essen“, berichtete ein Helfer.

Insgesamt standen 600 Feuerwehrleute von 33 Wehren im Einsatz. Dazu kamen knapp 200 Ärzte, Sanitäter und Rettungsleute sowie mehr als 100 Mitarbeiter von EVN, Polizei und Magistrat. Die Stadt hat unterdessen ein Spendenkonto für die Hinterbliebenen und Opfer eingerichtet (Sparkasse Niederösterreich Mitte-West, BLZ: 20256, Kontonummer: 918755).

Energie: Ein Fünftel ist Erdgas

Ist Erdgas ein sicherer Energieträger? Ja, sagen naturgemäß die heimischen Gasnetzbetreiber. In Österreich werden derzeit rund 22 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs durch Gas gedeckt. 54 Prozent der Liefermenge bezieht Österreich aus dem Osten, zwanzig werden aus Deutschland, zwölf aus Norwegen importiert. Vierzehn Prozent des Erdgases stammen aus heimischer Gewinnung. Mehr als die Hälfte des Gasjahresbedarfs lagert in unterirdischen Speichern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 5. Juni 2010)

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