Atomabkommen

Iran setzt weiteren Schritt zum Ausstieg aus Atomdeal

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Teheran will die Urananreicherung in einer Anlage südlich von Teheran wieder aufnehmen. Grund ist der einseitige Ausstieg der USA aus der Vereinbarung. Russland und die EU zeigten sich besorgt.

Der Iran hat einen weiteren Schritt zur Abkehr vom internationalen Atomabkommen angekündigt. Sein Land werde die Urananreicherung in der Anlage Fordo 180 Kilometer südlich von Teheran wieder aufnehmen, sagte Staatschef Hassan Rouhani am Dienstag.

In der Folge des 2015 geschlossenen Abkommens war die Anzahl der Zentrifugen in den unterirdischen Urananreicherungsanlagen Fordo und Natanz um mehr als zwei Drittel auf 5060 reduziert worden. Der Iran sagte außerdem zu, die Entwicklung neuer leistungsfähigerer Zentrifugen zu begrenzen, um eine rasche Erhöhung seiner Anreicherungskapazität auszuschließen. Gemäß dem Abkommen hätte der Iran erst ab 2025 die Urananreicherung wieder ausbauen dürfen.

Der Iran hatte bereits am Montag eine weitere Erhöhung der Produktion angereicherten Urans sowie die Entwicklung zweier neuartiger Zentrifugen zur Urananreicherung verkündet: Der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, sagte bei einem Besuch in der Atomforschungsanlage in Natanz laut Staatsfernsehen, sein Land produziere nun täglich fünf Kilogramm angereicherten Urans, was einer Steigerung um das Zehnfache gegenüber der noch vor zwei Monaten produzierten Menge entspricht.

Bau einer Atombombe möglich

Grund für die Vorgehensweise der iranischen Führung ist der einseitige Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen im Mai 2018 und das Ausbleiben zugesagter wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit den übrigen Vertragspartnern - insbesondere Deutschland, Frankreich, Großbritannien sowie China und Russland. Das Atomabkommen soll dem Iran eine friedliche Nutzung der Kernkraft gestatten, aber die Entwicklung von Kernwaffen verwehren.

Washington führte mit dem Ausstieg aus dem Atomdeal Wirtschaftssanktionen gegen den Iran wieder ein. Die Sanktionen sollen die iranische Öl-, Finanz- und Bauwirtschaft zum Erliegen bringen. Damit will Washington die Führung in Teheran zwingen, einem auf außenpolitische und militärische Fragen erweiterten Abkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen. Teheran verlangt von den verbliebenen Vertragspartnern die Rettung des von den Vereinten Nationen übernommenen Abkommens, insbesondere die Aufhebung der Sanktionen.

Russland und EU „besorgt“ 

Russland reagierte am Dienstag besorgt auf den weiteren Teilausstieg. Ein solcher Schritt sei kein gutes Zeichen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. "Wir beobachten deshalb mit Besorgnis, wie sich die Lage aktuell entwickelt.“ Moskau befürworte wie seine Partner, dass der Vertrag bestehen bleibe. "Wir verstehen die Sorge des Iran vor dem Hintergrund der beispiellosen und illegalen Sanktionen einiger Länder."

Auch die EU-Sprecherin Maja Kocijancic sagte in Brüssel, die Europäische Union sei "besorgt" über die Ankündigung Rouhanis, die Verpflichtungen aus dem Abkommen weiter zurückzufahren. Die EU ermahne Teheran, das Abkommen nicht noch weiter auszuhöhlen. Es werde "immer schwerer", das Atomabkommen zu verteidigen.

Frankreich ermahnte die iranische Regierung, den Verpflichtungen aus dem Atomabkommen gerecht zu werden. Die Ankündigung, die Anreicherung von Uran teilweise wieder aufzunehmen, verstoße gegen den Vertrag von 2015, sagte eine Sprecherin des französischen Außenministeriums. Die Regierung in Paris setzte sich für eine "Deeskalation" der Lage ein.

Der Rückzug aus dem Atomabkommen

Nach einer Frist von einem Jahr nach dem US-Ausstieg begann der Iran, sich seinerseits schrittweise von Bestimmungen des Abkommens zurückzuziehen, um Druck auf die verbleibenden Vertragsparteien zu erzeugen.

In einer ersten Stufe erhöhte der Iran im Mai 2019 die Uranvorräte von den erlaubten 300 auf 357 Kilogramm.

In der zweiten Phase wurde im Juli auch Uran auf 4,5 Prozent angereichert - laut Atomdeal sind nur 3,67 Prozent erlaubt.

Die dritte Stufe seines Teilausstiegs begann im September. Teheran kündigte an, sämtliche Verpflichtungen in den Bereichen Forschung und Ausbau seiner Nukleartechnologie auszusetzen. Dabei soll besonders an moderneren Zentrifugen gearbeitet werden, um eine schnellere und langfristig auch unbegrenzte Urananreicherung zu ermöglichen.

Urananreicherung ist immer gefährlich. Mit dem richtigen Know-how und modernen Zentrifugen kann mittel- oder langfristig Uran bis 90 Prozent angereichert werden, was dann auch den Bau einer Atombombe ermöglichen würde. Bis jetzt ist das Ziel des Iran "nur" ein Anreicherungsgrad von 20 Prozent für medizinische Reaktoren sowie die Herstellung von Brennstoff für zukünftige Atomanlagen.

Gleichzeitig behauptet Teheran, aus rein religiösen Erwägungen keine Atombomben bauen zu wollen. Auch will der Iran seine Zusammenarbeit mit der Internationalen Atombehörde IAEA weiterführen. International löst die Entwicklung dennoch große Sorgen aus.

(APA/AFP/Reuters)

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