Der Nationalrat beschloss einen Abschiebestopp für Lehrlinge in Mangelberufen. Geht das zu weit? Oder noch lange nicht weit genug? Diskutieren Sie mit!
Für manche Beteiligte war es wohl ein kleines Weihnachtswunder: In letzter Minute stoppte der Bundespräsident die Abschiebung eines 22-jährigen Afghanen, der in Langenlois in einem Kloster lebt und die Krankenpflegeschule besucht. Der Fall steht beispielhaft dafür, dass gut integrierten Asylwerber in Ausbildung abgeschoben werden - auch wenn man sie am Arbeitsmarkt brauchen könnte. Aber ist das der richtige Weg zur Bekämpfung des Fachkräftemangels?
Der Nationalrat beschloss nun jedenfalls einen Abschiebestopp für Lehrlinge - sofern sie in einem der 45 Mangelberufe arbeiten. Während die FPÖ gegen die Neuregelung ist und eine „Aufenthaltsverfestigung“ samt Familiennachzug befürchtet, sprechen Grün und Türkis von einer vernünftigen Regelung. Die Neos sehen dagegen ein „unwürdiges Schauspiel“. Abgeordnete Stephanie Krisper meint: "Personen beenden hier ihre Lehre in einem Mangelberuf, wo Unternehmen sie brauchen, und werden am nächsten Tag abgeschoben“.
»Diese jungen Menschen zeichnen sich durch eine hohe Leistungsbereitschaft aus.«
Christian Konrad
Christian Konrad, ehemaliger Generalanwalt des Raiffeisenverbandes und Initiator der „Allianz Menschen.Würde.Österreich“ sprach sich erst kürzlich in einem „Presse"-Gastbeitrag für ein „modernes Bleiberecht“ aus: „Es sind junge Menschen, die in Österreich Schutz und Perspektiven suchten, und gesetzeskonform als Lehrlinge angestellt wurden. Unternehmen loben sie, Kollegen und Kunden schätzen sie –, denn diese jungen Menschen zeichnen sich durch eine hohe Leistungsbereitschaft aus und sind damit ein Teil der langersehnten Antwort auf den Fachkräftemangel."
Manche sehen Deutschland als Vorbild. Dort gilt seit 2016 die "3+2"-Regelung, die besagt, dass Flüchtlinge in Ausbildung die dreijährige Lehrzeit abschließen und dann noch zwei Jahre im erlernten Job arbeiten können, selbst wenn der Antrag auf Asyl abgelehnt wurde.
Wie es in Österreich weitergeht? Innenpolitik-Redakteure Iris Bonavida und Martin Fritzl haben sich angeschaut, was Türkis und Grün wollen, die derzeit über eine Koalition verhandeln. Die Grünen etwa sind dafür, den Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge noch während des Asylverfahrens zu ermöglichen.
(sk)
Diskutieren Sie mit: Sollen Asylwerber in Österreich arbeiten dürfen? Warum werden Lehrlinge ausgebildet, wenn sie nachher abgeschoben werden? Und: Was hilft gegen den Fachkräftemangel?