2020 ist für Österreich und Europa ein Jahr der Weichenstellungen: Dem personellen Generationenwechsel müssen nun der inhaltliche und der strukturelle Veränderungsprozess folgen.
Kurz sei ein Moment der Nostalgie erlaubt: Vor gar nicht allzu langer Zeit gab es eine Phase, die je nach Standpunkt entweder durch Langeweile oder Stabilität gekennzeichnet war. In Österreich wurde beklagt, dass die Sozialpartner zu ausgiebig über Lohnerhöhungen verhandeln oder dass das letzte Jahr einer Legislaturperiode wirklich nur noch zum Wahlkämpfen verwendet werde und nicht für Reformpolitik. Innerhalb der EU wurde darüber gestritten, wer viele Milliarden Agrarsubventionen bekommen sollte oder nicht beziehungsweise ob ein mehr oder weniger islamisch geprägtes Land wie die Türkei jemals Mitglied der EU werden könnte. Waren das Zeiten!
Heute wissen wir nicht einmal mehr genau, was eine Legislaturperiode ist, geschweige denn wie lang. (Fünf Jahre, was seit den vergangenen jährlichen Wahlen wirklich amüsant ist.) Die Sozialpartnerkoalition ist längst in den Geschichtsbüchern gelandet. Gestern regierten Sebastian Kurz und seine ÖVP mit der FPÖ, morgen mit den Grünen. Reformpolitik wie im Pensionsbereich ist längst etwas für sonderbar liberale Sektierer geworden und ebenfalls vergessen.