Kanzler Kurz, Kanzleramtsministerin Edtstadler und Justizministerin Zadić trafen die Standesvertreter der Staatsanwaltschaft zum Gespräch. Das Ergebnis: schnellere Verfahren, mehr Rechtsschutz, keine „Leaks“. Mehr Geld wurde in Aussicht gestellt - in unbekannter Höhe.
Bei einer Aussprache im Bundeskanzleramt versuchten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Justizministerin Alma Zadić (Grüne), die für den Verfassungsdienst zuständige Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und die Standesvertreter der Staatsanwaltschaft den öffentliche Konflikt um die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Montag öffentlich zu Grabe zu tragen. Die Diskussion um die Justiz war durch publik gewordene Äußerungen Kurz' befeuert worden.
Kurz vor dem Gespräch am Montag veröffentlichte Zadićs Ministerium eine Stellungnahme. „Dem Justizministerium liegen keinerlei Hinweise vor, die ein politisches Agieren einer Staatsanwaltschaft nahelegen würden“, heißt es in dem im Internet veröffentlichten Statement. Es stehe außer Frage, dass die Staatsanwaltschaften objektiv und unabhängig ermitteln. Zadić betonte vor der Sitzung am Montag, „keine Netzwerke“ in ihrem Ministerium gesehen zu haben. Ein von der ÖVP zitiertes, 23 Jahre altes Sitzungsprotokoll, in der SPÖ-Justizpolitiker darüber sprachen, Parteigenossen zum Weg in den Richterdienst zu motivieren, wollte Zadić vor dem Treffen im Kanzleramt nicht überbewerten: „Das Papier ist aus dem letzten Jahrtausend.“
Ergebnis: Zadić soll Vorschläge ausarbeiten
Das Ergebnis des Treffens am Montag jedenfalls: Die Justizministerin wird Vorschläge zu drei Themenblöcken ausarbeiten. Das teilte allerdings nicht Zadić mit, sondern Edtstadler - sie begründete das mit den Verfassungsagenden, die in ihrem Portfolio seien. Die ehemalige Richterin fügte zudem an: „Meine Expertise, mein Hintergrund ist bekannt.“ Tatsächlich wurde Edtstadler 2015 - damals im Justizministerium dienstzugeteilt - Oberstaatsanwältin bei der WKStA.
>> Kanzler vs. Justiz: Wie es zum Konflikt kam [premium]
Edtstadler berichtete jedenfalls von einem „sehr offenen Austausch“: Das Ziel aller sei, das Vertrauen in die Justiz weiter zu stärken. Justizministerin Zadić werde drei Punkte „angehen“, wie Edtstadler sagte: Lange Verfahrensdauern sollten reduziert werden; der Rechtsschutz solle gestärkt werden; „Leaks“ aus nicht öffentlichen Verfahren sollten unterbunden werden. Letzteres sei etwas, „das nicht sein darf“, und auch entgegen der Interessen der Staatsanwälte sei, so Edtstadler.
In puncto Rechtsschutz-Stärkung verwies sie auf das - von der WKStA geführte - Verfahren um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), bei dem die umstrittene Razzia im BVT telefonisch genehmigt worden war. So etwas solle nicht mehr vorkommen, sagte die Kanzleramtsministerin. Die Hausdurchsuchung wurde später als rechtswidrig beschieden.
Keine konkreten Zahlen
„Logischerweise braucht es dafür auch Ressourcen“, sagte Edtstadler am Montag. Der Bundeskanzler habe bei der Aussprache zugesagt, „dass es diese Ressourcen auch geben sollte“. Auf Zahlen festlegen wollte sich Edtstadler dabei nicht. „Wie viel konkret“ man für die Vorhaben brauchen werde, „wird man sich anschauen müssen“. Das heißt: wird sich Zadić anschauen müssen. Edtstadler zufolge werde sie die für die Änderungen notwendigen Ressourcen ausarbeiten. Zadićs Vorgänger als Justizminister, Clemens Jabloner, hatte den notwendigen Finanzrahmen mit 90 Millionen Euro benannt, Experten gehen teils von weitaus mehr aus.
Schon im Vorfeld war bekannt geworden, dass Kurz den Ermittlern mehr Ressourcen in Aussicht stellen würde, wenn sie dafür Verfahren zügiger abwickeln. Der Kanzler trat am Montag etwas nach Edtstadler vor die Presse. Er sagte, er habe Missstände aufdecken und schnellere Verfahren bezwecken wollen.
„Keine parteipolitische Einflussnahme“
Der Aussprache am Montag war in der Woche davor ein öffentlicher Schlagabtausch über die WKStA vorausgegangen. Auslöser dessen war eine Äußerung Kurz' bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten über die WKStA gewesen, über die die Wochenzeitung „Falter“ berichtete. Dem ÖVP-Chef wurde in dem Bericht nachgesagt, den Anti-Korruptionsstaatsanwälten parteipolitisches Agieren unterstellt und sie in die Nähe der SPÖ gerückt zu haben. Justizministerin Zadić stellte sich hinter die Arbeit der Ermittlungsbehörde. Kurz beklagte öffentlich zu lange Verfahren bei der WKStA, die ihrerseits alle Vorwürfe zurückwies.
Daraufhin wurde von Medien erneut über eine Aktennotiz aus dem Jahr 1997 berichtet, in der davon die Rede war, dass Sozialdemokraten für den Beruf des Richters motiviert werden sollten. Hannes Jarolim, langjähriger Justizsprecher der SPÖ, begründete dieses Vorhaben am Sonntag damit, dass die ÖVP davor dasselbe gemacht habe. Edtstadler sprach Jarolims Aussagen am Montag an: In der Justiz dürfe es „keine parteipolitische Einflussnahme einer Parteizentrale geben“. Die Standesvertreter hätten dies ebenso als verwerflich zurückgewiesen.
Die WKStA führt Ermittlungen in politisch heiklen Themenfeldern, wie dem Ibiza-Skandal und der Causa Casinos. Für ihr Vorgehen in der Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurde sie teils heftig kritisiert. Wenig später prallten der mächtige Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek und die Anti-Korruptionsstaatsanwälte in der Causa Eurofighter aufeinander. Der Sektionschef empfing darüber hinaus vor kurzem Verdächtige in der Causa Casinos bei sich im Ministerium - namentlich die Casinos-Vorstände Walter Rothensteiner und Josef Pröll.
(Red.)