Coronavirus

Kurz und die Corona-Allianz der "smarten Sieben"

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Sebastian Kurz beriet mit den Regierungschefs aus Israel, Griechenland, Tschechien, Dänemark, Australien und Neuseeland über Erfahrungen und Konsequenzen aus der Coronakrise. Sie alle haben die Krise bisher gut gemeistert.

Wien. Als am Freitagvormittag die Videokonferenz der wendigen Sieben begann, zu der Sebastian Kurz die Regierungschefs Israels, Tschechiens, Griechenlands, Dänemarks, Australiens und Neuseelands eingeladen hatte, senkte sich schon die Nacht über Canberra und Wellington am anderen Ende der Welt. Der Bundeskanzler wollte mit Benjamin Netanjahu, Konstantin Mitsotakis, Andrej Babis, Mette Frederiksen, Scott Morrison und Jacinda Ardern den Erfahrungsaustausch in der Coronakrise intensivieren. Bis auf die Sozialdemokratinnen Frederiksen und Ardern gehören sie der konservativen Parteienfamilie an. Ursprünglich sollte auch Singapurs Premier daran teilnehmen, doch die explosionsartige Zunahme an Corona-Fällen in den Gastarbeiterquartieren des südostasiatischen Stadtstaats hat dies womöglich verhindert.

Gemeinsam ist den Staaten, dass sie schnell auf die Pandemie reagiert und die Krise bisher gut gemeistert haben. Alle haben das Virus derzeit mehr oder minder gut im Griff. Es war eine virtuelle Begegnung smarter „First Mover“.

Im internationalen Vergleich liegen die Kleinstaaten beim Kampf gegen Corona im Spitzenfeld: Österreich vermeldet bisher 15.000 Infizierte und 522 Todesopfer, agiert also ähnlich erfolgreich wie Israel (14.800/193), Dänemark (8300/394), Tschechien (7200/210), Australien (7200/76), Griechenland (2500/127) sowie Neuseeland (1500/17). Australien und Neuseeland genießen einen Vorteil gegenüber den anderen Staaten, weil sie Inseln (beziehungsweise ein Kontinent) sind und keine Landgrenzen haben.

Beim virtuellen Treffen der Regierungschefs ging es um Wege aus der Krise, um schlaue Lockerungen der bisherigen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. „Wir haben uns ausgetauscht über die Frage, wie man die Länder jetzt bestmöglich wieder hochfahren, die Wirtschaft wieder ankurbeln und gleichzeitig das Virus unter Kontrolle behalten kann“, erklärte Sebastian Kurz nach der Videokonferenz.

Netanjahus Weckruf

Mit der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen steht er seit Beginn der Krise in regelmäßigem Austausch. Sie ergriff früher als andere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Ein Telefonat mit Netanjahu war für den Bundeskanzler in der Anfangsphase eine Art Weckruf. Der israelische Premier warnte darin eindringlich, dass Europa die Pandemiegefahr unterschätze. Israel riegelte als eines der ersten westlichen Länder die Grenzen ab, führte eine strikte Quarantäne ein und setzte den Mossad zur Beschaffung von Schutzmasken und Test-Kits ein.

Mit Netanjahu, Mitsotakis und Babis pflegt Kurz engen Kontakt. Im Jänner besuchte er Babis im Rahmen eines Visegrad-Treffens in Prag; Mitsotakis kam noch im März nach Wien, als die EU-Staats- und Regierungschefs ihre erste Videokonferenz abhielten. Neu dazugekommen sind nun Fredriksen, Morrison und Ardern. In der Flüchtlingskrise hatte Kurz schon das australische Modell angepriesen, das Flüchtlinge auf Inseln weit vor der australischen Küste „auslagert“.

Öffnung der Kindergärten und Volksschulen

Israel, die europäischen Staaten und die ozeanischen Länder sind jetzt dabei, die Quarantäne und die zum Teil strikten Ausgangsbeschränkungen schrittweise zu lockern. Dänemark öffnete in dieser Woche die Kindergärten und Volksschulen, Israel erlaubte den Bürgern die beschränkte Rückkehr zu den Arbeitsplätzen unter rigorosen Hygienemaßnahmen (Temperaturmessung), Tschechien sperrte am Freitag nach einem Urteil eines Prager Gerichts die Grenzen wieder auf.

Die Regierung in Prag, so der Richterspruch, hätte die Notstandsbestimmungen vor das Parlament bringen müssen. Babis hatte seinem Land als erster auch eine Maskenpflicht verordnet. Auch Australien erlebte einen Rückschlag bei der Liberalisierung. Es musste mehrere Strände in Sydney wieder schließen.

Kooperation bei wissenschaftlicher Forschung

Die Regierungschefs vereinbarten bei ihrer Videokonferenz, künftig eng zusammenzuarbeiten: bei der Schutzausrüstung sowie bei der Entwicklung von Medikamenten und eines Impfstoffs gegen das Coronavirus. Die wissenschaftliche Forschung soll ein Schwerpunkt der Kooperation sein, darauf pochen vor allem auch die Israelis.  

Kurz & Co sprachen zudem über Tracking-Apps, die die „Glutnester der Infektion“ aufspüren sollen, eine zweite Welle der Ausbreitung zu verhindern. Während in Israel eine der Regierung per Notverordnung erteilte Erlaubnis, Handydaten zu verfolgen, nach 30 Tagen vorläufig abgelaufen ist, setzen Wien und Kopenhagen auf Freiwilligkeit. Ein Nebenaspekt der Videokonferenz, die etwas länger als eine Stunde gedauert hat, war der Tourismus. Australien, Neuseeland und Israel zeigten sich gegenüber einer Öffnung zurückhaltend. Die Israelis führen den Ursprung der Epidemie in ihrem Land auf einen einreisenden Italiener zurück, Ozeanien auf Chinesen. Alle betonten, die Balance halten zu wollen zwischen dem Schutz der Gesundheit und der Ankurbelung der Wirtschaft.

Schon demnächst wollen die sieben Regierungschefs wieder zu einer Videokonferenz zusammenkommen. Die Runde sei auch offen für andere Länder, verlautete aus dem Bundeskanzleramt. Auf Anregung von Netanjahu soll es demnächst sogar ein persönliches Treffen von Wissenschaftlern in Wien geben - wenn der Flugverkehr wieder losgeht, zumindest mit Regierungsmaschinen.

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