Kalifornien trifft Wien: Wie Künstlerin und Neo-Model Britta Dion 2008 drei Wohnungen am Hohen Markt erwarb – und daraus eine „Homebase“ für die Familie gestaltete. Mit Pingpong-Tisch.
Die Malerin Britta Dion, vor kurzem von der Modebranche als Model entdeckt, wohnt seit zwölf Jahren im Liska-Haus in der Wiener Innenstadt. „Wir lebten zuvor in Kalifornien in Palo Alto, wo mein Mann, ein Kanadier, beruflich zu tun hatte.“ Nach zehn Jahren in den USA suchte die gebürtige Wienerin nach einer geeigneten neuen Homebase für die fünfköpfige Familie. Und fand „online und zufällig“ gleich drei: eine sehr kleine Anlegerwohnung und zwei größere am Hohen Markt. „Wir mussten uns rasch entscheiden, also haben wir aus der Ferne zugeschlagen. Ich hatte die Wohnung zuvor nur ein Mal mit befreundeten Architekten besichtigt.“
So zog die Familie vom Silicon Valley auf geschichtsträchtigen Wiener Boden: Zur Zeit der Römer lagen hier die Offiziersquartiere mit einer Badeanlage des Legionslagers Vindobona, im frühen Mittelalter der Berghof, eines der ersten Häuser Wiens. „Wir befinden uns an einem echten ,Urplatz' und ich meine das manchmal zu spüren“, meint Dion. Später stand hier das Palais Sina, im Zweiten Weltkriegs zerstört. „Im Film ,Der Dritte Mann' steht eine Gruppe vor einem Schutthaufen, diese Szene wurde hier gedreht“. 2014 verursachte ein Mieter vor seiner Delogierung eine Explosion. „Der Knall war so laut, ich dachte der Stephansturm sei eingestürzt. Ein junges Mädchen kam ums Leben, wir wurden evakuiert.“
Aus drei mach eins
Doch zurück ins Jahr 2008: Aus den drei Wohnungen im achten Stock entstand ein 300-m2-Appartment. „Ein Neubau in einem bestehenden Haus“, sagt Dion. Alte Wände und Türen wurden entfernt, neue eingezogen, Fenster vergrößert, ein Holzboden verlegt, Bodenheizung und Deckenkühlung eingebaut. „Die damalige Fussballeuropameisterschaft wurde uns fast zum Stolperstein“, erinnert sich Dion. „Es durfte kein Kran in der Innenstadt zu sehen sein, also wurden Fenster und Türen mit Hilfe einer mobilen Kranung still und leise bei Sonnenaufgang in die Wohnung gehievt. Um acht Uhr waren wir längst fertig.“
Das Ergebnis: Der große Wohnraum mit offener Küche geht in einen kleinen Arbeits- und Vorratsraum sowie in ein Musik- und Gästezimmer über, dazu kommen vier Schlafzimmer, drei Badezimmer sowie ein Bad mit Sauna und Spa. Zwei Terrassen bringen ein Stück Natur ins Haus. Unterstützt wurde der Umbau vom Architekturbüro Klune Plan, viele Einbauarbeiten stammen von der Tischlerei Prödl.
Bei der Ausstattung gilt „Less is More“. Der geölte dunkle Holzboden zieht sich durch die ganze Wohnung, nur beim Kamin und in der Küche schützt Beton den Boden. Kunstharz mit eingelassenen Flusssteinen findet man in den Badezimmern, auch Stoffe kommen zum Einsatz. So trennt ein Vorhang Schlaf- und Badezimmer, in den Kinderzimmern darf es dann auch mal eine Graffiti-Tapete sein.
Designklassiker und Zwergobst
Die Einrichtung passt sich dem kosmopoliten Rahmen an: Designklassiker wie Liege und Schreibtischstuhl von Le Corbusier, ein Beistelltisch von Noguchi, Leuchten von Artemide und Flos und eine Esstischlampe von Megumi Ito harmonieren mit Biedermeier-Sekretär und -Vitrine, einem alten Schreibtisch und einer Lampe aus den 1950er-Jahren. Freundliche, helle Farbtöne kontrastieren mit dem dunklen Boden, Kelim Teppichen und der hellen Couch. Bunte Polster und peruanische Stoffe sowie Souvenirs und Kunstwerke von zahlreichen Reisen treffen auf Stücke, aus „good old California“.
Durch die südwestliche Ausrichtung kommt auch an Wintertagen viel Licht in die Wohnung. Am Abend bewundert Dion oft die Himmelsfärbungen, die sie früher nur vom Meer kannte. „Und wenn ich mit Gugelhupf und Kaffee am Küchentisch sitze, und direkt vor mir der Stephansdom mit den Dächern der Innenstadt kokettiert, weiß ich, dass ich angekommen bin“, erzählt Dion. „Es ist großartig, einen gotischen Turm so nah vor sich zu haben, während man auf der Terrasse ein Stück von den Zwergobstbäumen – Feige, Weichsel, Zwetschke – pflückt.“
In der Corona-Quarantäne bekam der Wohnraum nochmal eine ganz andere Wichtigkeit: „Wir haben den Esstisch zum Pingpongtisch umfunktioniert“, schmunzelt Dion.
Zum Ort, zur Person
Der Hohe Markt wurde bereits 1233 als ältester Wiener Markt „forum altum“ erwähnt. Im 1954 von Novotny und Muttone erbauten Haus in der Marc-Aurel-Straße vereinte Britta Dion 2008 drei Wohnungen zu einem Appartement. Neubauwohnungen kosten im 1. Wiener Bezirk 17.559 Euro/m2, gebrauchte Wohnungen 11.944 Euro/m2.
Britta Dion ist als Malerin und Kunstsammlerin tätig. Vor kurzem wurde die Mutter dreier erwachsener Kinder als Model entdeckt. www.brittadion.com