Terrasse im Winter
Wohngeschichte

Alter Ofen, neue Terrasse: Das kleine Glück in St. Pongratzen

Im Süden der Steiermark suchte und fand La-Boum-Atelier-Betreiberin Daniela Bergmann eine alte Keusche – und machte daraus ihr Urlaubs- und „Heimathaus“.

Schwammerlwald, frische Luft und schöne Aussichten: Die Gegend unweit der slowenischen Grenze kennt Daniela Bergmann wie ihre Westentasche, schließlich ist sie hier aufgewachsen. Und hier wollte die Betreiberin des Onlineshops La Boum Atelier auch ihren Rückzugsort schaffen. Viele Jahre lang war Bergmann auf der Suche nach einem Haus, das sie nach ihren persönlichen Vorstellungen renovieren und gestalten konnte. Eine Bekannte erzählte ihr von einer alten Keusche in St. Pongratzen, die sie gerade ausräumen und notdürftig instand setzen müsse, um sie dann weitergeben zu können – „da hat es bei mir natürlich sofort laut geklingelt“.

Schlafgemach statt Heuboden

Alte Truhenmalerei
Alte Truhenmalerei Barbier

Das alte Bauernhaus war in einem ziemlich schlechten Zustand: Keuschen – so nennt man die kleinen Bauernhöfe, in denen früher meist ärmere Leute lebten – wurden grundsätzlich nicht ganz so solide gebaut wie große Höfe. Ihre relative Klein- und Kargheit ist heute begehrt: Was für eine Familie damals eng und unkomfortabel war, hat heute gerade die richtige Größe für ein Wochenendhaus. „Solche Objekte sind rar, man findet sie kaum über Makler oder im Internet“, erzählt Bergmann.

Das alte Haus liegt, ein bisschen abgeschieden, am Ende einer kurvigen Bergstraße, mit Postkartenblick auf die umliegende Landschaft. „Es kann hier rundherum niemals verbaut werden – das war mir sehr wichtig“, sagt Bergmann. Mit dem Haus hat sie sich einen lang gehegten Traum erfüllt – obwohl mit dem Kauf viel Arbeit auf sie zukam. Das Kellerstöckl ließ sie komplett aushöhlen und mit natürlichen Baustoffen wie Lehmputz und Holzwolle-Dämmstoff renovieren.

Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl wurde das Haus modernisiert: Aus der ehemaligen Scheune ging ein Wohnzimmer hervor, das Obergeschoß – der ehemalige Heuboden – wurde zu zwei Schlafzimmern und einem kleinen Badezimmer adaptiert. In der alten Mostpresse im Anbau ist nun eine Sauna eingebaut. Bergmann: „Es war mir ein besonderes Anliegen, dass der alte Pressbaum dabei erhalten blieb.“ Das Architektenduo Martin Kleindienst und Yichen half Bergmann bei der Umsetzung ihrer Vorstellungen.

Alter Ofen, neue Terrasse

Neues Stein-Waschbecken
Neues Stein-Waschbecken Barbier
Eckbank in der Wohnstube
Eckbank in der Wohnstube Barbier

Zum Ort, zur Person

In jeder Renovierungsphase legte die Hausherrin auch selbst Hand an. „Es war eine Grundvoraussetzung, selbst mitzumachen und mitzugestalten.“ Das restliche Holz der ehemaligen Obstpresse für die Stufen der Treppe zu verwenden, war eine ihrer Ideen. „Sehr alte Eiche, wunderbare Patina, whiskeybraun, ohne sie beizen zu müssen, so etwas liebe ich!“ Sogar in der Hardcore-Bauphase war sie fast immer vor Ort – und hat „viel dazugelernt“. So richtig austoben konnte sie sich dann – als Interieurspezialistin mit eigenem Shop – in der Einrichtungsphase. Auch hier liegt der Fokus auf dem „Unwesentlichen“, dem Kleinen. Die Heiligenbildersammlung in der Gästetoilette oder die Bettwäsche aus Leinen, der selbst gepflückte Blumenstrauß auf dem Tisch oder der formschöne Einkaufskorb – mit vielen kleinen Details wird das Haus zum stimmigen Gesamtbild.

Der kleine Holzofen, der in der gemütlichen Wohnküche mit Eckbank und klobigem Holztisch steht, verbreitet im Winter kuschelige Wärme und ist dann natürlich das Zentrum des Hauses. „Auch wenn es viel einfacher ist, auf einen Knopf zu drücken – ich liebe es, mit Holz einzuheizen und auf dem alten Herd zu kochen“, schwärmt Bergmann. Wobei man da einiges bedenken muss: Bevor Gäste kommen (private oder zur Miete), lässt sie deshalb von ihrer Nachbarin den Holzofen einheizen – damit die Gäste gleich kuschelig warm empfangen werden können. „Es ist wichtig, in der Nachbarschaft jemanden zu haben, auf den man sich voll verlassen kann.“

Bei der Planung des Gartens hat Bergmann sich von einer Landschaftsarchitektin beraten lassen. Er sollte schön wild und ungestüm, aber so wenig arbeitsaufwendig wie möglich sein. „Mein sehnlichster Wunsch für den Garten: frische Blumensträuße oder auch Äste und Tannenzapfen ins Haus holen zu können, wann immer ich herkomme.“ Oder das Leben draußen zu genießen: Von der großen Terrasse geht der Blick auf die umliegenden Wiesen und die sanfte Hügellandschaft der Südsteiermark. Zu jeder Jahreszeit.St. Pongratzen gehört seit 2015 zur Marktgemeinde Eibiswald. Häuser kosten im Bezirk Deutschlandsberg in (sehr) guter Lage rund 1950 Euro/m2. Daniela Bergmann betreibt den Online-Designshop La Boum Atelier. www.laboumatelier.at

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