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Fünf Filme zum Kriegsende vor 75 Jahren auf Amazon & Co.

Thalia Films
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Die Kapitulation der Wehrmacht vor den Alliierten jährt sich dieser Tage zum 75. Mal, Europa gedenkt digital. Auch bei Streamingdiensten finden sich Filme zum Kriegsende: Fünf Empfehlungen aus fünf Ländern.

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Welcome in Vienna

Von Axel Corti, 1986
Zu sehen auf Flimmit

Wie jeder Gedenktag bietet auch der „Tag der Befreiung“ Interpretationsspielraum, in dem nationale Identitäten verhandelt werden können. War Österreich nun Täter, Opfer – oder irgendwas dazwischen? Wurde die Entnazifizierung mit offenen Armen begrüßt oder zähneknirschend hingenommen? Waren Juden schlagartig wieder willkommen oder weiterhin verhasst? Dass Axel Corti sich nicht für derartige Dichotomien interessierte, zeugt von seiner humanistischen Intelligenz. In seiner Exil-Trilogie „Wohin und zurück“ erzählt er die Geschichte eines Mannes, der flüchtet und wieder zurückkehrt, mit großem Gespür für die Beweiskraft des Beiläufigen. Und schildert die Zerrissenheit des Menschen im Ausnahmezustand, ohne der politischen Anklage Schärfe zu nehmen. Teil drei heißt „Welcome in Vienna“: Die bittere Ironie liegt schon im Titel. Der jüdische G. I. und Ex-Wiener Freddy findet seine Heimatstadt nach Kriegsende im Wiederaufbau vor. Dessen Verheißung fordert Verdrängung, die zu Freddys Leidwesen von den Befreiern gebilligt wird. Denn der nächste, kalte Krieg steht bereits vor der Tür. Und dass Österreich „ein bisserl“ ein Nazi-Land war, muss man jetzt nicht groß auswalzen. Wie heißt es so schön? The show must go on!

Das Leben ist schön

Von Roberto Benigni, 1997
Zu sehen auf Sky

Die filmische Aufarbeitung der NS-Massenvernichtung ist (zu Recht) ein ewiger Zankapfel der Filmkultur. Vorwürfe reichen von Verdrängung bis Verharmlosung, „Undarstellbarkeit“ steht gegen „Bilder trotz allem“. Wenn dann noch die Frage des Humors dazukommt, wird es richtig verzwickt. Ein nach wie vor umstrittenes Musterbeispiel ist Roberto Benignis Auslandsoscargewinner „Das Leben ist schön“. Der italienische Komödiant gibt darin einen jüdischen Jedermann, der seinem Sohn vorgaukelt, die Schrecken des KZ seien Teil eines ausgeklügelten Spiels – um sein „Gewinnen“, sprich Überleben, zu sichern. Zur Debatte steht, ob diese Art von fiktionalem Zwangsoptimismus nicht Verleugnung Vorschub leistet.

Der Hauptmann

Von Robert Schwentke, 2018
Zu sehen auf Amazon

Das deutsche Nachkriegskino hat etliche kopfschüttelnde NS-Gedenkfilme hervorgebracht – aber kaum welche, die sich an die Täterperspektive heranwagen. Abseits entlastender Führerfurcht-Epen à la „Der Untergang“ scheint die Auseinandersetzung mit der Banalität des Bösen zu schmerzhaft. Doch es gibt Ausnahmen, etwa das knochentrockene KZ-Kommandanten-Porträt „Aus einem deutschen Leben“ (1977). Jünger und deftiger: Robert Schwentkes Groteske „Der Hauptmann“. Sie folgt dem (realen) Wehrmachtsoldaten Willi Herold, der sich kurz vor Kriegsende als Offizier ausgibt – was seinen Gewaltgelüsten freie Bahn verschafft, Korruption und Autoritätshörigkeit sei dank. Harte, aber klarsichtige Kost.

Black Book

Von Paul Verhoeven, 2006
Zu sehen auf Amazon

Nach dem enttäuschenden Ende seiner Hollywood-Blütezeit kehrte Meistersatiriker Paul Verhoeven („Robocop“, „Starship Troopers“) in seine niederländische Heimat zurück – und drehte dort ein sündteures Epos über den Widerstand während der NS-Besatzung. Doch von patriotischer Glorie fehlt hier jede Spur: Verhoeven geht mit Unschuldsmythen ins Gericht, prangert auch Antisemitismus und Korrumpierbarkeit der Niederländer an. Im Mittelpunkt steht eine jüdische Sängerin (Carice van Houten), die als Spionin mit allerlei Niedertracht konfrontiert wird – auch nach dem Krieg. Ihrem kompromisslosen Überlebenswillen im Angesicht von Scheinheiligkeit und Barbarei gelten die Sympathien dieses bissigen Thrillers.

Die Ballade vom Soldaten

Von Grigori Tschuchrai, 1959
Zu sehen auf Youtube

Bis zur Zäsur des 25. Februars 1956, als Nikita Chruschtschow eine Geheimrede hielt, die die Verbrechen der stalinistischen Herrschaft enttabuisierte und künstlerische Aufarbeitung erleichterte, war der russische Kriegsfilm von Todeskitsch und Heldenpathos bestimmt. Erst während der folgenden Tauwetter-Periode öffnete sich das Genre für kritische Perspektiven und emotionale Ambivalenzen. So entstanden Klassiker des Sowjetkinos wie Andrei Tarkowskis „Iwans Kindheit“ und Michail Kalatosows „Die Kraniche ziehen“.

Weniger bekannt, aber ebenso kraftvoll ist Grigori Tschuchrais „Die Ballade vom Soldaten“ – ein Denkmalfilm für die über zehn Millionen Gefallenen des „Großen Vaterländischen Krieges“, dessen verklärt-folkloristische Aufmachung über sein subversives Moment hinwegtäuscht. Ein idealistischer Gefreiter bekommt unerwartet Fronturlaub. Auf dem Weg ins Heimatdorf stößt er auf Opportunismus, Unsicherheit, Resignation – bleibt aber standhaft und rechtschaffen. Dafür winkt ihm erste Liebe, die auch seine letzte bleibt: Am Schluss schwingt die Trauer über verweigertes Lebensglück. Kostenfrei und englisch untertitelt zu sehen auf dem YouTube-Kanal des „Mosfilm“-Studios.

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